(...) "Wohlstand für alle" war das große Versprechen Ludwig Erhards und der sozialen Marktwirtschaft. Gleiche Chancen beim Start, soziale Absicherung, Wettbewerb, der eine "am realen Bedarf orientierte Wirtschaft steuert", keine beherrschende Marktmacht. Das waren die Versprechen und nichts davon ist übrig. Der Kapitalismus versage nicht nur im sozialen Bereich, nicht nur bei der Verteilung von Einkommen und Vermögen. Er versage vor allem vor seinen eigenen ökonomischen Ansprüchen.
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Anmerkung: Diese Rezension von Albrecht Müller des sehr lesenswerten Buches von Sahra Wagenknecht offenbart die grundsätzliche Schwäche in Müllers Kritikansatz: Er weigert sich trotz aller gegenteiliger Erkenntnisse weiterhin beharrlich, tatsächlich die Systemfrage zu stellen und den Kapitalismus als Ursache des Übels zu erkennen. Stattdessen versucht er weiterhin, den Kapitalismus zu "bändigen" und so eine fortdauernde kapitalistische "Wohlfühlphase", wie sie zu Ludwig Erhards Zeiten stattgefunden habe, zu imaginieren. Er blendet dabei aus, dass auch dieser frühe Kapitalismus weltweit immense Schäden verursacht und unzählige Menschen ins Elend gestürzt hat; ebenso erkennt er nicht, dass diese "Wohlfühlphase" systembedingt nur eine relativ kurze sein kann. Auch die Tatsache, dass dieser Kapitalismus nur dank des damals vorhandenen "Gegenpols" namens DDR überhaupt solche scheinsozialen Züge annehmen konnte, wird verschwiegen. Hätte es die DDR bzw. den "real existierenden Sozialismus" (der gar kein Sozialismus war, aber das ist eine andere Geschichte) nicht gegeben, wäre auch der Neustart des Kapitalismus in Westdeutschland vollkommen anders verlaufen.
Wohin der Kapitalismus letztlich führt, hat die Welt zuletzt in den 30er und 40er Jahren erleben müssen, und die Zeichen heute deuten wieder in dieselben Richtungen. Es ist fast schon naiv, angesichts der aktuellen Entwicklungen einem Traum der "Bändigung des Kapitalismus" nachzuhängen, der angesichts der auch von Müller selbst thematisierten korrupten Verstrickungen weiter Teile der Politik und der Medien mit dem Kapital nur noch ein gedankliches Endlager sein kann.
Ein wirklicher und auch gangbarer Ausweg aus dieser überaus deprimierenden Misere wäre tatsächlich der von Wagenknecht thematisierte: Die Systemfrage muss gestellt und der Kapitalismus - also das gesamte Wirtschaftssystem inklusive dem Geldsystem - muss überwunden werden.
"Wohlstand für alle" ist selbstredend weltweit möglich - allerdings kann es dann keine superreiche "Elite" und keinen Kapitalismus mehr geben, und das mittelalterlich anmutende, egoistische Profitstreben samt Konkurrenzdenken muss in die Mottenkiste der Historie verdammt werden. Erst dann, wenn tatsächlich jeder Mensch und sein Wohlergehen (woran unteilbar natürlich das Wohl der Natur insgesamt geknüpft ist) in den Mittelpunkt allen Handelns und Wirkens gerückt ist, kann das tatsächlich vorhandene Paradies auf unserem reichen Planeten tatsächlich für alle seine Bewohner Wirklichkeit werden.
Der Kapitalismus beruht auf Ausbeutung. Ob er nun die eigene Bevölkerung ausbeutet oder aber "nur" andere, weit entfernt lebende Menschen und deren Ressourcen, sollte, nein: muss einem wirklichen Humanisten vollkommen egal sein. Es ist mir ein Rätsel, wie Herr Müller darauf kommt, angesichts seiner so oft zutreffenden Analysen unserer perversen Welt ausgerechnet den Kapitalismus nicht in Frage stellen zu wollen oder zu können.
Es ist doch so offensichtlich, wie es offensichtlicher nicht mehr sein könnte: Solange das Profitstreben der Motor des Wirtschaftens ist, solange wird nicht das für alle Sinnvolle oder Notwendige, sondern das für den Unternehmer Geldbringende getan - und das ist nahezu nie deckungsgleich. Es ist doch kein Zufall, dass wir trotz des wissenschaftlichen Fortschritts nicht etwa stetig besseres Essen, bessere medizinische Leistungen, bessere (haltbarere) Technik etc. präsentiert bekommen, sondern stetig schlechteres Essen, bessere Medizin nur noch für Reiche (aber auch nur dann, wenn man damit Geld verdienen kann), und technische Produkte, die maximal ein bis zwei Jahre halten und dann verschrottet und neu angeschafft werden sollen. Das ist schlichtweg pervers und hat mit einem nachhaltigen Handeln zum Wohle der Menschen und der Natur nicht das geringste zu tun.
Freiheit für alle Menschen kann es nur ohne Kapitalismus geben - zu diesem unausweichlichen Schluss sind schon sehr viele Menschen vor Frau Wagenknecht gekommen, und er wird ständig aufs Neue bewiesen. Aktuell dürften beispielsweise fast alle Griechen, Portugiesen, Spanier und Iren dieser Erkenntnis nahe sein. Überall ist immenser Reichtum vorhanden - und zwar so viel, dass kaum ein Mensch die Dimensionen der Milliarden und Billionen mehr wirklich erfassen kann -, aber der allergrößte Teil der Menschen hat keinen Zugriff darauf und versinkt in Armut. Das ist Kapitalismus, so ist er konzipiert und so soll er funktionieren. Das muss nun ein Ende haben - ansonsten ist der Weg vorgezeichnet: Der unvermeidbare nächste Crash des Kapitalismus könnte auch der letzte sein. Ein Horror für den Großteil der Menschheit wird er aber in jedem Fall sein - wie bisher immer.
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Anmerkung: Diese Rezension von Albrecht Müller des sehr lesenswerten Buches von Sahra Wagenknecht offenbart die grundsätzliche Schwäche in Müllers Kritikansatz: Er weigert sich trotz aller gegenteiliger Erkenntnisse weiterhin beharrlich, tatsächlich die Systemfrage zu stellen und den Kapitalismus als Ursache des Übels zu erkennen. Stattdessen versucht er weiterhin, den Kapitalismus zu "bändigen" und so eine fortdauernde kapitalistische "Wohlfühlphase", wie sie zu Ludwig Erhards Zeiten stattgefunden habe, zu imaginieren. Er blendet dabei aus, dass auch dieser frühe Kapitalismus weltweit immense Schäden verursacht und unzählige Menschen ins Elend gestürzt hat; ebenso erkennt er nicht, dass diese "Wohlfühlphase" systembedingt nur eine relativ kurze sein kann. Auch die Tatsache, dass dieser Kapitalismus nur dank des damals vorhandenen "Gegenpols" namens DDR überhaupt solche scheinsozialen Züge annehmen konnte, wird verschwiegen. Hätte es die DDR bzw. den "real existierenden Sozialismus" (der gar kein Sozialismus war, aber das ist eine andere Geschichte) nicht gegeben, wäre auch der Neustart des Kapitalismus in Westdeutschland vollkommen anders verlaufen.
Wohin der Kapitalismus letztlich führt, hat die Welt zuletzt in den 30er und 40er Jahren erleben müssen, und die Zeichen heute deuten wieder in dieselben Richtungen. Es ist fast schon naiv, angesichts der aktuellen Entwicklungen einem Traum der "Bändigung des Kapitalismus" nachzuhängen, der angesichts der auch von Müller selbst thematisierten korrupten Verstrickungen weiter Teile der Politik und der Medien mit dem Kapital nur noch ein gedankliches Endlager sein kann.
Ein wirklicher und auch gangbarer Ausweg aus dieser überaus deprimierenden Misere wäre tatsächlich der von Wagenknecht thematisierte: Die Systemfrage muss gestellt und der Kapitalismus - also das gesamte Wirtschaftssystem inklusive dem Geldsystem - muss überwunden werden.
"Wohlstand für alle" ist selbstredend weltweit möglich - allerdings kann es dann keine superreiche "Elite" und keinen Kapitalismus mehr geben, und das mittelalterlich anmutende, egoistische Profitstreben samt Konkurrenzdenken muss in die Mottenkiste der Historie verdammt werden. Erst dann, wenn tatsächlich jeder Mensch und sein Wohlergehen (woran unteilbar natürlich das Wohl der Natur insgesamt geknüpft ist) in den Mittelpunkt allen Handelns und Wirkens gerückt ist, kann das tatsächlich vorhandene Paradies auf unserem reichen Planeten tatsächlich für alle seine Bewohner Wirklichkeit werden.
Der Kapitalismus beruht auf Ausbeutung. Ob er nun die eigene Bevölkerung ausbeutet oder aber "nur" andere, weit entfernt lebende Menschen und deren Ressourcen, sollte, nein: muss einem wirklichen Humanisten vollkommen egal sein. Es ist mir ein Rätsel, wie Herr Müller darauf kommt, angesichts seiner so oft zutreffenden Analysen unserer perversen Welt ausgerechnet den Kapitalismus nicht in Frage stellen zu wollen oder zu können.
Es ist doch so offensichtlich, wie es offensichtlicher nicht mehr sein könnte: Solange das Profitstreben der Motor des Wirtschaftens ist, solange wird nicht das für alle Sinnvolle oder Notwendige, sondern das für den Unternehmer Geldbringende getan - und das ist nahezu nie deckungsgleich. Es ist doch kein Zufall, dass wir trotz des wissenschaftlichen Fortschritts nicht etwa stetig besseres Essen, bessere medizinische Leistungen, bessere (haltbarere) Technik etc. präsentiert bekommen, sondern stetig schlechteres Essen, bessere Medizin nur noch für Reiche (aber auch nur dann, wenn man damit Geld verdienen kann), und technische Produkte, die maximal ein bis zwei Jahre halten und dann verschrottet und neu angeschafft werden sollen. Das ist schlichtweg pervers und hat mit einem nachhaltigen Handeln zum Wohle der Menschen und der Natur nicht das geringste zu tun.
Freiheit für alle Menschen kann es nur ohne Kapitalismus geben - zu diesem unausweichlichen Schluss sind schon sehr viele Menschen vor Frau Wagenknecht gekommen, und er wird ständig aufs Neue bewiesen. Aktuell dürften beispielsweise fast alle Griechen, Portugiesen, Spanier und Iren dieser Erkenntnis nahe sein. Überall ist immenser Reichtum vorhanden - und zwar so viel, dass kaum ein Mensch die Dimensionen der Milliarden und Billionen mehr wirklich erfassen kann -, aber der allergrößte Teil der Menschen hat keinen Zugriff darauf und versinkt in Armut. Das ist Kapitalismus, so ist er konzipiert und so soll er funktionieren. Das muss nun ein Ende haben - ansonsten ist der Weg vorgezeichnet: Der unvermeidbare nächste Crash des Kapitalismus könnte auch der letzte sein. Ein Horror für den Großteil der Menschheit wird er aber in jedem Fall sein - wie bisher immer.