Samstag, 28. Januar 2017

Zitat des Tages: Veränderung


Ein Mann, den Herr K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: "Sie haben sich gar nicht verändert!" - "Oh!", sagte Herr K. - und erbleichte.

(Bertolt Brecht [1898-1956], in: "Geschichten vom Herrn Keuner", Suhrkamp 2008; geschrieben etwa 1930)


Song des Tages: Slave New World




(Sepultura: "Slave New World", live auf dem "Rock Hard Festival" 2013; original aus dem Album "Chaos A.D.", 1993)

Face the enemy
Stare inside you
Control your thoughts
Destroy, destroy 'em all

You censor what we breathe
Prejudice with no belief
Senseless violence all around
Who is it that keeps us down

Once all free tribes
Chained down led lives
Blood boils inside me
We're not slaves, we're free

Face the enemy
Stare inside you
Control your thoughts
Destroy, destroy 'em all



Anmerkung: Mit Dank an Arbo für die nette Erinnerung! :-)

Freitag, 27. Januar 2017

Unbezahlbare Sozialsysteme: Milliarden für den Krieg


Die korrupte Bande erzählt es uns immer wieder: Für Erwerbslose, Rentner, Flüchtlinge, Kranke, Behinderte sowie überhaupt die Sozialsysteme und die Infrastruktur ist kein Geld da. Zwar geht es "den Deutschen so gut wie nie", wie die Propaganda in stetiger Wiederholungsschleife märchenerzählt, aber dennoch müssen "wir" den Gürtel enger schnallen, denn woher soll das Geld für all die "nutzlosen Menschen" in der kapitalistischen Glaubenslehre auch kommen?

Da lohnt es sich, einmal nachzuschauen, wo die kriminelle Bande viel lieber die Steuermilliarden versenkt - und es dürfte nicht weiter verwundern, dass einer der großen Sümpfe das Militär und der Krieg ist. Bei n-tv war vor einigen Tagen zu lesen:

Mehr Milliarden für das Militär / Deutschland steigert Wehrausgaben deutlich / (...) Deutschland hat seine Rüstungsausgaben im vergangenen Jahr um mehr als zehn Prozent gesteigert. Die Investitionen in Waffen, Munition, anderes Militärmaterial sowie Forschung und Entwicklung in dem Bereich seien 2016 gegenüber dem Vorjahr um 500 Millionen Euro auf 5,1 Milliarden Euro gewachsen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Der Wehretat insgesamt vergrößerte sich danach um 1,1 Milliarden Euro auf 35,1 Milliarden Euro.

Ja, da freuen sich die Menschen in Deutschland ein kleines oder auch größeres Schussloch in den Bauch: Hauptsache, die Rüstungskonzerne haben genügend Aufträge, damit die Bundeswehr Bundeskriegsarmee tolle Mordwaffen in alle Welt tragen kann, um dort "Freiheit und Demokratie" herbeizuschießen. Die begleitende Kriegspropaganda gibt's in den Qualitätsmedien sowieso ständig und kostenlos dazu - kürzlich erst wieder bei Zeit Online, wo die Gastautorin Melanie Hauenstein [*nomen est omen*] die schaurige Stahlhelm-Uschi ganz besonders geil fand und meinte: "Der Bundeswehreinsatz in Mali ist gefährlich. Deutschland sollte trotzdem weitermachen". - Frauen sind die besseren Menschen, gelle.

Wo sollte Deutschland denn auch sonst "verteidigt" werden, wenn nicht in Mali? Es liegt doch auf der Hand, dass die deutsche Grenze dort geschützt werden muss ... so ähnlich meint die Steinhauende das wohl. Das Grundgesetz, das in meiner Bücherwand steht, ist verblasst - ich habe vorhin nachgesehen und nur noch welke, zerbröselnde Blätter vorgefunden, die in einem Ascheregen auf den Boden rieselten, als ich den schmalen Band aufschlug. Im Hintergrund war irres Gelächter zu hören - vielleicht aus Berlin, vielleicht auch nur aus dem Nachbarhaus, wo der Stumpfsinn ohnehin Triumphe feiert und die "Tagesschau" die einzige Informationsquelle ist, der man blind vertraut.

Wie absurd müssen die kapitalistische Politik und ihre mediale Verbreitung wohl noch werden, bis auch Otto Schmidt und Trude Meier endlich, endlich, endlich erkennen, dass Kafka hier längst das Zepter schwingt und der propagandistische Irrsinn wilde Partys feiert? - Ich weiß, die Antwort auf diese rhetorische Frage ist - zumindest in Deutschland - obsolet. Hier tritt der Armutsrentner, Billiglöhner, Angestellte, Arbeitslose oder Mittelschichtler 1000mal eher einem Flüchtling oder Obdachlosen hasserfüllt in die Fresse, bevor er richtige Fragen zu stellen beginnt - und wenn er doch mal richtige Fragen stellt, glaubt er 1000mal eher den seichten, menschenfeindlichen und falschen Antworten der Rechtsradikalen, bevor er sein Gehirn einschaltet und kurz nachdenkt. Das war schon immer so und es gibt nicht den Hauch eines Anzeichens dafür, dass sich das je ändern könnte.

Jetzt ist es also wieder einmal der Krieg, der von der neoliberalen Politik finanziell gepimpt und propagandistisch untermauert wird, während die Armut im Lande unaufhaltsam und millionenfach zunimmt. - Kommt das eigentlich nur mir so unsäglich bekannt vor???

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Die Kriegslüsternen

Glaubt's oder glaubt's nicht: Es gibt Leute im Land,
die freuen sich auf den Krieg.
Die träumen von Vormarsch, von Panzern und Pak,
von Kesselschlacht und von Sieg.

Keine Rüstungsbarone. (Das wäre normal.)
Nicht Generäle a.D. --
Ganz kleine Gemeine; ganz ärmliche Schweine!
Das ist's, was ich nicht versteh'.

Sie hatten doch alle die Schnauze voll
und wollten nichts mehr wissen,
und hatten allmählich erkannt, dass man sie
nur ausgenutzt und beschissen ...

Doch heut, wo von fern schon die Trommel dröhnt,
um Landsknechte zu werben,
da wissen sie nichts mehr von Stalingrad,
von Bomben und vom Sterben.

Sie sehen nur auf die Uniform,
auf Rauchen, Schnaps und Fressen,
und glauben am Ende, sie täten noch was
für Deutschlands Interessen!

Sie dürfen und können und wollen nichts seh'n.
Ihr Hirn wird täglich schwächer.
So waren sie, sind sie und bleiben sie stets:
Halb Narren - halb Verbrecher!

(Heinz Hartwig, in: "Der Simpl", Nr. 19 vom Oktober 1947)

Mittwoch, 25. Januar 2017

SPD: Schulz vs. Gabriel


Zu diesem Parteitheater fällt mir erst ein dicker, übelriechender Klumpen Kotze aus dem Hals und dann die Liedzeile des damals (1980) noch halbwegs integeren Udo Lindenberg ein:

"Ob blond, ob braun, ob schwarz, ob henna -
und manchmal steh' ich auch auf Männer!"

Mehr gibt's dazu nicht zu sagen.

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Der Parteiredner



(Zeichnung von George Grosz [1893-1959], in: "Der Simpl", Nr. 7 vom Juli 1946)

Auschwitz: Gegen das Vergessen!


Am 27. Januar jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die russische Armee zum 72. Mal. Gerade heute ist es wichtiger denn je, gegen das Vergessen bzw. eine inzwischen vielfach ritualisierte und sinnentleerte Pseudoerinnerungskultur, wie sie die neoliberale, korrupte Bande gerne pflegt, anzukämpfen, da nationalistische, rassistische und faschistische Tendenzen überall in der sogenannten "westlichen Welt" wieder um sich greifen wie wuchernde Krebsgeschwüre. Damit sind beispielsweise in Deutschland keineswegs nur die üblichen Verdächtigen (NPD, AfD, Pegidioten etc.) gemeint, sondern die gesamte verrohende Gesellschaft und allen voran die "freiheitlich-demokratischen" Parteien und ihre medialen Sprachrohre.

Aus diesem Grund verlinke ich hier die Dokumentation "Sonderkommando - Auschwitz-Birkenau" von Emil Weiss aus dem Jahr 2007. In diesem Film wird zu heutigen Filmaufnahmen der Ruinen von Auschwitz ausschließlich aus aufgefundenen Dokumenten zitiert, die mehrere Häftlinge aus dem "Sonderkommando", die von der SS zur "Arbeit" an den Gaskammern und in den Krematorien des Konzentrationslagers gezwungen wurden, hinterlassen (auf dem Gelände das Lagers vergraben) haben. Es sind aufwühlende, äußerst eindringliche Texte, die jenseits des lächerlichen, bezuglosen Betroffenheitsgefasels der Gaucks und Merkels vom wirklichen Horror in den Lagern berichten.



Es gibt vereinzelt auch bildliche Hinterlassenschaften aus den Lagern. Unten sieht man beispielsweise eine von 32 Zeichnungen eines unbekannten Häftlings: "Der Zeichner, mit großer Wahrscheinlichkeit ein Häftling 'MM' (...), stopfte die [32] Blätter in eine Flasche und versteckte diese in den Fundamenten einer Baracke in der Nähe der Gaskammern und der Krematorien IV und V. Dort fand sie 1947 der Auschwitzüberlebende Józef Odi, der auf dem Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers als Wachmann arbeitete (...)."



Auf dieser Abbildung sieht man die so genannte "Boger-Schaukel": Ein Häftling ist mit den Kniekehlen an einer drehbaren Stange aufgehängt, seine Hände und Füße sind gefesselt. Hinter ihm steht ein SS-Mann, der mit einer Peitsche oder Gerte auf seinen Rücken, sein entblößtes Gesäß und die Geschlechtsteile einprügelt. Wilhelm Boger, Mitarbeiter der "politischen Abteilung" der SS im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, hatte diese Foltermethode zur willkürlichen Bestrafung von Häftlingen eingeführt. Viele der so Gequälten überlebten diese Prozedur nicht.

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Es ist vorbei,
die helle Zeit,
die Lachen uns gelehrt.
Sie ging entzwei,
Zwiespalt gedeiht -
wenn auch die Welt sich wehrt.

(Selma Meerbaum-Eisinger [1924-1942]: "Blütenlese". Gedichte 1939-1942)

Montag, 23. Januar 2017

Hartz-Terror: Kafka lebt!


Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.
(Franz Kafka: "Der Prozess")

Wusstet Ihr schon, dass Arbeitslose "Anspruch auf Urlaub" haben? Das ist kein Witz, sondern geltendes Hartz-Terror-Gesetz: Wer erwerbslos ist und sein Domizil für länger als einen Tag verlassen möchte, muss beim Amt "Urlaub" beantragen und darf erst nach erfolgter Genehmigung zum Freund in den Nachbarort oder zur Omi in den Bergen reisen - sofern man sich die Fahrt leisten kann, versteht sich, denn "Urlaubsgeld" gibt es selbstverständlich nicht.

Der Grund für diese von der neoliberalen Bande erdachte Regelung ist aber nicht etwa pure Schikane und Gängelung (wer dächte auch an so etwas Absurdes im Zusammenhang mit dem Hartz-Terror), sondern die Prämisse der ständigen Erreichbarkeit des Delinquenten. Schließlich könnte sich jederzeit (!) die ultimative "Chance" auf eine "Eingliederung" in den "ersten Arbeitsmarkt" ergeben, für die der Schmarotzer binnen 24 Stunden auf der Arbeitgebermatte zu stehen und Schuhe zu lecken hat, um sie wahrnehmen zu können.

Solch irrsinnige Begründungen glauben freilich nur Menschen, die statt eines Gehirnes einen verwesten Fleischbrei im Schädel pflegen - wenn überhaupt. Selbstredend wird diese Regelung von den "Jobcentern" auch sehr gerne als weiteres Instrument benutzt, um Menschen das "Existenzminimum" kürzen oder streichen zu können - da wird entweder eine angebliche "Ortsabwesenheit" des Betroffenen unterstellt oder auch nur vage "vermutet" (das reicht für eine Sanktion im Hartz-Terror-Alltag völlig aus), oder man lehnt das "Urlaubsgesuch" aus irgendwelchen, nicht näher benannten Gründen einfach ab und verschickt danach einen Gestellungsbefehl um zu überprüfen, ob der Betroffene auch wirklich daheim geblieben ist und den willkürlich anberaumten, ansonsten sinnfreien Termin wahrnimmt - stets in der Hoffnung auf mögliche Sanktionen. Es gibt in den "Jobcentern" sogar ganz offiziell Sanktionsquoten, die zu erfüllen sind - da bleibt es nicht aus, dass die SachbearbeiterInnen "fantasievoll" agieren müssen, um diese zu erreichen und ihren schmutzigen Job behalten zu dürfen.

Allein die verwendeten Begriffe wie "Urlaub", "Antrag", "Genehmigung" oder "Eingliederung" sind in diesem Zusammenhang schon derart kafkaesk, dass ich die übrigen Orwell'schen Neusprechbegriffe aus dem sprachlichen Amtsterrorrepertoire wie "Kunde", "Einladung" oder "Angemessenheit" gar nicht weiter erwähnen möchte. Die Liste wäre auch viel zu lang. Dennoch wird dieser sprachlich wie inhaltlich perverse Blödsinn völlig selbstverständlich benutzt und auf den Gipfel der Absurdität getrieben - und kaum jemand regt sich mehr darüber auf.

Wenn in Deutschland irgendetwas in böser, alter Tradition stets perfekt funktioniert, dann ist es die möglichst menschenfeindliche, herrschaftshörige und vollkommen absurde Bürokratie samt ihrer Fantasiesprache und ihren willig vollstreckenden Eichmännern und -frauen.

K. starrte den Aufseher an. Schulmäßige Lehren bekam er hier von einem vielleicht jüngeren Menschen? Für seine Offenheit wurde er mit einer Rüge bestraft? Und über den Grund seiner Verhaftung und über deren Auftraggeber erfuhr er nichts? Er geriet in eine gewisse Aufregung, ging auf und ab, woran ihn niemand hinderte, schob seine Manschetten zurück, befühlte die Brust, strich sein Haar zurecht, kam an den drei Herren vorüber, sagte: "Es ist ja sinnlos", worauf sich diese zu ihm umdrehten und ihn entgegenkommend, aber ernst ansahen und machte endlich wieder vor dem Tisch des Aufsehers halt.
(Franz Kafka, ebd.)

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Diener des Volkes



(Zeichnung von Franz Bleyer, in: "Der Simpl", Nr. 15 vom September 1947)