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(Gebrüder Engel: "Sie fangen wieder an", aus dem Album "Magengesicht", 1980)
Die Rune bleckt schon wieder zwischen unseren Plakaten
Da stehn sie wieder Samstags in den Einkaufsstraßen
Sie wagen es tatsächlich mit dem Megaphon -
So weit ist es schon?!
Die finden jetzt schon wieder, dass die Zeit gekommen ist
Selbst im Fernsehen präsentierte sich ein stolzer Jungfaschist
Die machen doch tatsächlich eine Demonstration -
So weit ist es schon?!
Sag nicht, wir haben nichts geahnt,
Sag nicht, das sind nur ein paar Mann!
Der böse Geist hat wieder hier und da ein Maul:
Sie fangen wieder an!
Die laden doch tatsächlich zu "Gesprächen" ein
Der eine oder andere fällt schon wieder darauf rein
Die wagen glatt zu sagen, dass die Dinge anders waren -
Nach den paar Jahren?!
Die träumen jetzt schon wieder davon auszurotten
Sie schmieren wieder Hakenkreuze an die Synagogen
Sie gröhlen hier und da schon ihre üblen Lieder -
So schnell schon wieder?!
Sag nicht, wir haben nichts geahnt,
Sag nicht, das sind nur ein paar Mann!
Der böse Geist hat wieder hier und da ein Maul:
Sie fangen wieder an!
Die drücken sich am Mittag an den Schulen rum
Die spinnen schon in Wäldern mit Gewehren rum
Die mieten auch schon Rock'n'Roll-Hallen -
Dreist vor uns allen?!
Bestimmte Söhne schon und noch bestimmte Väter
Von Polizei umstellte Menschlichkeitsverräter
Wagen es tatsächlich und mit Megaphon -
So weit ist es schon!!!
Sie fangen wieder an ...
Bayerns Verfassungsschutz hat sich laut Informationen der Süddeutschen Zeitung in den neunziger Jahren aktiv am Aufbau des rechtsextremen Thule-Netzes beteiligt - eigentlich, um die Neonazi-Szene zu kontrollieren. Doch der gut entlohnte V-Mann wurde selbst zur treibenden Kraft.
(Weiterlesen)
Anmerkung: Diesen Bericht der Süddeutschen solltet Ihr unbedingt lesen, wenn Ihr das noch nicht getan habt - und ihn vor allem nicht wieder vergessen. Denn eines ist schon jetzt klar: Auch in diesem Fall haben die Veröffentlichungen keine weiteren Folgen - der "Verfassungsschutz" macht einfach weiter wie bisher, er wird sogar noch ausgebaut und mit weiterreichenden Berechtigungen ausgestattet, und auch politisch/personell wird es keine Konsequenzen geben. Es bleibt alles ruhig und beim Alten in der Bananenrepublik.
Die braune Soße in diesem Land wurde und wird konsequent und unbeeindruckt von Enthüllungen staatlich verordnet aufgekocht und finanziert, damit sie - was großflächig ja bereits gelungen ist - in alle Ritzen der Gesellschaft eindringen und sich ausbreiten kann. Heitmeyers Studien und viele andere Untersuchungen belegen das erschreckende Ausmaß (siehe beispielsweise hier, hier, hier und hier). Und was tun Merkel und die übrigen hochdekorierten Damen und Herrn unserer lieben Bundesregierung dagegen? Natürlich: Nichts. Denn von genau diesen zwielichtigen Gestalten gingen und gehen diese verfassungsfeindlichen, rechtsextremen Planspiele ja aus.
Man braucht sich nur einmal kurz zu vergegenwärtigen, was für ein widerwärtiger, menschenfeindlicher Schmutz dem Gehirn beispielsweise des "christlich-sozialen" Innenministers Hape Friedrich entspringt, um zu wissen, wes Geistes Kind dieser Mann ist. Da quillt der Faschismus aus jeder einzelnen Schweinelocke.
Es ist alles gut in Deutschland - keine Sorgen bitte! Hinsetzen und weitermachen - unsere hochseriösen Politiker, Behörden und Amtsträger handeln nur zu ihrem eig..., äh, zu unserem Besten, ebenso wie es die Banken, Versicherungen, Konzerne und deren Eigentümer tun. - Und wenn sie nicht gestorben sind ...
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Wotan
"Das würde alles ganz anders blühen, wenn wir keine Juden [Muslime, Türken, Südländer, Sinti und Roma, Behinderten, Arbeitslosen, Kranken, Alten ...] in Deutschland hätten."
(Zeichnung von Wilhelm Schulz [1865–1952], in "Simplicissimus", Heft 9 vom 30.05.1927)
Die Grundlage der Demokratie ist die Volkssouveränität und nicht die Herrschaftsgewalt eines obrigkeitlichen Staates. Nicht der Bürger steht im Gehorsamverhältnis zur Regierung, sondern die Regierung ist dem Bürger im Rahmen der Gesetze verantwortlich für ihr Handeln. Der Bürger hat das Recht und die Pflicht, die Regierung zur Ordnung zu rufen, wenn er glaubt, dass sie demokratische Rechte missachtet.
(Gustav Heinemann [1899-1976], deutscher Bundespräsident 1969 bis 1974)
Anmerkung: Vergleichen wir diese Aussage einmal mit den Ansprachen der letzten Bundespräsidenten, insbesondere mit dem heuchlerischen, schwer erträglichen Sermon des Pfaffen Gauck - und ganz schnell wird deutlich, in welch einer gruseligen, erneut nach rechts außen driftenden, menschenfeindlichen Zeit wir leben. Auch Heinemann war kirchlich engagiert, doch weitere Ähnlichkeiten mit dem verlogenen Kapitalisten und Eigennutzmehrer Gauck vermag ich auf die Schnelle nicht zu entdecken.
Stellen wir uns nur einmal kurz vor, ein heutiger Bundespräsident nähme zum Jahresende 2012 ähnliche Worte in den Mund - das Schäumen und Verdammen der versammelten neoliberalen Bande von BLÖD-"Zeitung" über Tagespropagandaschau und fast sämtliche Parteien hinweg bis zu den üblichen Verdächtigen der Lobbyismus-Beauftragten wäre ihm gewiss. Nicht einmal ein (theoretisch erdachter) Bundespräsident von der Linkspartei dürfte sich einen solchen Fauxpas heute erlauben, ohne unverzüglich abgesetzt, gevierteilt und in Ascheform ins Meer des Vergessens gestreut zu werden.
Die Grundlage der Demokratie, wie sie unsere heutigen Knopfleisten- und Schlips-Borg verstehen, ist nur noch eines: Geld. Möglichst viel davon im eigenen Elite-Strumpf. Das stopfen sie sich solange in alle erdenklichen Körperöffnungen, bis sie endlich daran ersticken. Dummerweise ersticken wir dann allesamt mit ihnen. Unser Recht und unsere Pflicht, die Regierung und insbesondere die selbsternannte "Elite" zur Ordnung zu rufen, haben wir dann wieder einmal verwirkt.
Dass auch Heinemanns Spruch seinerzeit nur Makulatur und Ablenkung war, steht auf demselben Blatt, ist hier aber nicht Gegenstand des Interesses.
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Die Reichsminister sind für Mäßigkeit
"Wenn die Kabinettsmitglieder nicht mehr zu unseren Banketten kommen - wo sollen wir ihnen denn dann unsere Notlage klarmachen?"
(Zeichnung von Erich Schilling [1885-1945], in "Simplicissimus", Heft 33 vom 14.11.1927)
"Es gibt kein richtiges Leben im Falschen", hat der Frankfurter Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker und Komponist Theodor W. Adorno gesagt. Kann es überhaupt richtiges Denken und Fühlen im Falschen geben? Und können wir unser Handeln frei halten von den zynischen Dogmen des selbst proklamierten Gewinners der Klassenkämpfe? Sind wir wirklich überzeugt, dass eine andere Welt möglich ist und tragen wir selbst dazu bei?
(Weiterlesen)
Anmerkung: Diesen kleinen Grundsatzartikel zum Wesen des Kapitalismus und zur Omnipräsenz neoliberaler Propaganda kann ich nur jedem wärmstens empfehlen - die Autorin findet verständliche Worte für komplexe Themen.
Widersprechen muss ich ihr lediglich in einem Punkt, nämlich wenn sie resümierend feststellt und fragt:
"Ist dies nun das alte Prinzip des 'homo homini lupus' (der Mensch ist des Menschen Wolf) und damit eine unabänderliche anthropologische Konstante, gern auch zitiert von den Apologeten des skandalösen Ist-Zustandes dieses Planeten mit den Worten 'Der Mensch ist eben schlecht'? / Oder ist es, abgesehen davon, dass sich gewisse grundlegende unsympathische Züge dieses zum Egoismus neigenden Säugetiers ja nicht ganz leugnen lassen, in erster Linie die unausweichliche Konsequenz einer schleichenden und wie Radioaktivität in alle eindringenden Vergiftung des Denkens und Fühlens, das die kannibalisch-kapitalistische Gesellschaftsordnung ausdünstet?"
Ihre Antwort - das kapitalistische (propagandistische) "Gift", das den Menschen schon vom Kindergarten an eingeimpft werde, sei die Ursache - ist zugleich auch ihre Negation, denn es liegt doch auf der Hand, dass dieser "skandalöse Ist-Zustand" nur dann über so viele Jahrhunderte bis heute aufrecht erhalten werden konnte und auch in alternativen Gesellschafts- und Denkstrukturen immer wieder - unablässig und unaufhörlich - die Oberhand gewinnt, wenn die eigentlich zu widerlegende Aussage ("Der Mensch ist eben schlecht") tatsächlich doch der Realität entspricht.
Der "menschenfreundliche Umdeutungsversuch" der Autorin wirkt hingegen wie eine fatale Kopie des neoliberalen Irrsinns, der seinerseits ja die katastrophalen Auswirkungen des Kapitalismus ignoriert und statt dessen immer wieder höhere Dosen desselben Giftes fordert und rücksichtslos durchsetzt.
Es ist unbestritten, dass der Kapitalismus weniger die "Seelen", dafür vielmehr das Denken und Handeln der Menschen vergiftet. Die (wohl ebenso unbestrittene) Tatsache, dass diese Vergiftung so umfassend, so lange und so nachhaltig geschehen konnte und kann (und selbst erklärte Andersdenkende immer wieder befällt), ist aber wohl nicht auf die völlige Perfektion des Giftes, sondern vielmehr auf den sehr fruchtbaren menschlichen Nährboden zurückzuführen. Es ist in der Tat eine anthropologische Konstante - ob diese indes "unabänderlich" ist, kann nur die Zukunft zeigen.
Meine persönliche Wahrnehmung bezüglich der kommenden Dekaden bewegt sich da leider im fatalistischen Bereich: Es war immer so, es ist so, es wird auch weiterhin so sein. So etwas hören oder lesen Visionäre verständlicher Weise nicht gerne, so dass ich kompetente Unterstützung bemühe:
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Der Visionarr
Lampe, blöck nicht.
Aus der Wand fuhr ein dünner Frauenarm.
Er war bleich und blau geädert.
Die Finger waren mit kostbaren Ringen bepatzt.
Als ich die Hand küsste, erschrak ich:
Sie war lebendig und warm.
Das Gesicht wurde mir zerkratzt.
Ich nahm ein Küchenmesser und zerschnitt ein paar Adern.
Eine große Katze leckte zierlich das Blut vom Boden auf.
Ein Mann indes kroch mit gesträubten Haaren
einen schräg an die Wand gelegten Besenstiel hinauf.
(Jakob van Hoddis [1887-1942], in: Jahrgang 1 der "Aktion", 1911)