Donnerstag, 21. Juni 2012

Song des Tages: Junge




(Die Ärzte: "Junge", aus dem Album "Jazz ist anders", 2007)

Junge, warum hast du nichts gelernt
Guck dir den Dieter an
der hat sogar ein Auto.
Warum gehst du nicht
zu Onkel Werner in die Werkstatt
der gibt dir ne Festanstellung
wenn du ihn darum bittest.

Junge, und wie du wieder aussiehst,
Löcher in der Hose und ständig dieser Lärm.
(Was solln die Nachbarn sagen?)
Und dann noch deine Haare,
da fehlen mir die Worte,
musst du die denn färben?
(Was solln die Nachbarn sagen?)

Nie kommst du nach Hause,
wir wissen nicht mehr weiter.

Junge, brich deiner Mutter nicht das Herz.
Es ist noch nicht zu spät,
dich an der Uni einzuschreiben.
Du hast dich doch früher
so für Tiere interessiert,
wäre das nichts für dich?
Eine eigene Praxis ...

Junge, und wie du wieder aussiehst,
Löcher in der Nase und ständig dieser Lärm.
(Was solln die Nachbarn sagen?)

Elektrische Gitarren
und immer diese Texte,
das will doch keiner hören!
(Was solln die Nachbarn sagen?)

Nie kommst du nach Hause
So viel schlechter Umgang,
wir werden dich enterben!
(Was soll das Finanzamt sagen?)

Wo soll das alles enden?
Wir machen uns doch Sorgen!

Und du warst so ein süßes Kind!
Und du warst so ein süßes Kind!
Und du warst so ein süßes Kind!
Du warst so süß ...

Und immer deine Freunde,
Ihr nehmt doch alle Drogen,
und ständig dieser Lärm!
(Was solln die Nachbarn sagen?)
Denk an deine Zukunft,
denk an deine Eltern,
willst du, dass wir sterben?

Zitat des Tages: Der Wiedergänger


Es fand der geizige Bauer Kniep
Im Grabe keine Ruhe.
Die Sehnsucht nach dem Gelde trieb
Ihn wieder zu seiner Truhe.

Die Erben wollten diesen Gast
Im Haus durchaus nicht haben,
Weil ihnen der Verkehr verhasst
Mit einem, der schon begraben.

Sie dachten, vor Drudenfuß und Kreuz
Ergebenst verschwinden sollt er.
Er aber vollführte seinerseits
Nur um so mehr Gepolter.

Zum Glück kam gerade zugereist
Ein Meister, der vieles erkundet.
Der hat gar schlau den bösen Geist
In einem Fass verspundet.

Man fuhr es bequem, als wär es leer,
Bis an ein fließend Gewässer.
Da plötzlich machte sich Kniep so schwer
Wie zehn gefüllte Fässer.

Gottlieb, der Kutscher, wundert sich.
Nach rückwärts blickt er schnelle.
Wumm, knallt der Spund. Der Geist entwich
Und spukt an der alten Stelle.

Wie sonst besucht er jede Nacht
Die eisenbeschlagene Kiste
Und rumpelt, hustet, niest und lacht,
Als ob er von nichts was wüsste.

Kein Mittel erwies sich als probat.
Der Geist ward nur erboster.
Man trug, es blieb kein andrer Rat,
Den Kasten zum nächsten Kloster.

Der Pförtner sprach: Willkommen im Stift
Und herzlich guten Morgen!
Was Geld und böse Geister betrifft,
Das wollen wir schon besorgen.

(Wilhelm Busch [1832-1908]: Zu guter Letzt, 1904)


Zins: Der große Raubzug des Kapitals


(...) Und weil mindestens jeder dritte ausgegebene Euro ein Zinstribut ist, lohnt sich das ganze Zinswesen in Wahrheit bloß für die reichsten zehn Prozent der Geldbesitzer.

Nur deren persönliche Zinserträge übersteigen stets die Zinsbelastung ihrer Ausgaben, im Durchschnitt um 54 Prozent. Alle übrigen zahlen drauf. Was laufend zur Umschichtung führt. Die Einkommen der grundsätzlich von ihrer Arbeit lebenden Mehrheit wandern zur vorwiegend von Geldbesitz lebenden Minderheit. Wir können folglich gar nicht anders, als dabei mitzutun, dass die vielzitierte Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. An der Spitze der Geldpyramide wird das überdeutlich. Werden doch bei einer auch nur fünfprozentigen Verzinsung ihres Kapitals die 31 aktuellen Milliardärsfamilien in unserem Land täglich um 585.000 Euro reicher. Nicht etwa gemeinsam, sondern jeder Clan für sich.

(Weiterlesen)

Anmerkung: Dieser kleine Text eignet sich hervorragend zur Einführung in das für den schlimmen Zustand der Welt maßgebliche Thema des Geldsystems, über das ich mich schon früher einige Male ausgelassen habe. Dem habe ich nichts hinzuzufügen - ich hoffe weiterhin, dass einer zunehmenden Anzahl von Menschen der völlige Wahnsinn endlich bewusst wird, der diesem System zugrunde liegt.

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Das allmächtige Gold



(Zeichnung von Erich Schilling [1885-1945], in "Simplicissimus", Heft 32 vom 05.11.1923)

Montag, 18. Juni 2012

Der Schröder-Riester-Renten-Betrug




Anmerkung: Auch diese öffentlich-rechtliche Dokumentation bleibt natürlich an der Oberfläche des Problems stecken und beleuchtet keine systemischen Hintergründe - insbesondere die bis heute andauernde mediale Propaganda (auch und gerade in öffentlich-rechtlichen Medien) für das neoliberale Zerstörungswerk wird selbstredend mit keinem Wort erwähnt. Dafür wird die SPD stellvertretend mit einigen halbherzigen Ohrfeigen versehen, weil diese deformierte Partei bis heute an der unsäglichen Privatisierung sozialer Versorgungssysteme festhält. Diese Kritik ist freilich korrekt - stellt aber dennoch nur einen Teil der Wahrheit dar.

Die Verantwortung der Grünen an dieser Zerstörung und die unverhohlene Freude von Schwarz-Gelb und deren Zementierung und Ausweitung (u.a. "Pflege-Bahr") der geschaffenen Verhältnisse kommen ebenfalls nicht vor. Auch die Zusammenhänge zwischen "kapitalgestützter Privatrente" und der eskalierenden Finanzkrise werden nicht hergestellt - das (zinsbasierte und daher zwangsläufig auf ein "ewiges exponentiales Wachstum" festgelegte) Finanz- und Geldsystem findet nicht einmal in einem Nebensatz Erwähnung. Die immensen Profite der Versicherungen, die völlig korrekt angeprangert werden, erscheinen so einmal mehr als rein "willkürliche Auswüchse" und somit auch als im Rahmen eines "regulierten, guten" Kapitalismus als "veränderbar". Das ist grotesk und hanebüchen.

Anschauen sollte man sich das Stück dennoch - auch dann, wenn es nur als Beispiel für systemkonformen "investigativen Scheinjournalismus" durchgeht. Einige Zahlen und Fakten sind durchaus interessant, und wer das "Geschäftemachen" nicht als seinen einzigen Sinn und Zweck des Daseins definiert, wird (müsste) auch aus sich selbst heraus aus dem Gezeigten die richtigen Schlüsse ziehen können.

Die Hoffnung auf den "gesunden Menschenverstand" bei einer Mehrheit der Menschen habe ich inzwischen allerdings fahren lassen. Nach dem Ansehen dieser Doku wird wohl auch weiterhin eine überwältigende Mehrheit der Menschen in diesem Land der Meinung sein, dass es "zu wenig Geld gibt" und dass es sich "der Staat nicht leisten" könne, allen seinen BürgerInnen ein gutes Leben zu ermöglichen. Und daran sind nicht allein die korrupten, marionettenhaften Schlips-Borg der Politik schuld, sondern ebenso die Medien - während die Nutznießer des Ganzen, nämlich das im Superreichtum versinkende elitäre Gesindel, wie immer ungesehen und unbehelligt im Hintergrund bleibt. Eines plagt die Superreichen aber gewiss nicht, auch wenn manch ein Künstler das schon so sehen wollte:

Alpdrücken



(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 40 vom 01.01.1921)