Freitag, 10. Dezember 2010

Milliardenspiel - Wer hat unser Geld verzockt?











Hartz IV: Das Credo der Bourgeoisie

Wer wissen möchte, in welcher Gesellschaft er lebt, vertiefe sich in ein ministerielles Schriftstück - den "Referentenentwurf" zur Neufestlegung der Hartz-IV-Sätze, zum Beispiel.

Es ist derzeit viel von den abendländischen Werten die Rede. Doch stets nur von solchen, die keinen Pfifferling wert sind, wenn es drauf ankommt, die nichts kosten außer Speichel und heißer Luft. Die wahren Maximen des Westens - die freilich auch dort gelten, wo die Sonne früher untergeht -, die Prinzipien, nach denen das kapitalistische Gemeinwesen seine Gemeinheit gestaltet und die herrschende Klasse ihr Unwesen treibt, lauten: Verrotten sollen die Habenichtse in Löchern, in Lumpen gehen soll das Gelump, Schatten falle auf die Verdammten. Ihre Speise sei Abfall, ihre Verzweiflung ein Spott, das Leben, das sie fristen, ein Hohn. Nichts gebühre ihnen außer dem, was nötig ist, um nichts zu sein. Weil niemand sie brauchen kann, seien sie niemand, unsichtbar möglichst vor der Welt, unerhört in ihrer Not, ungefühlt in ihrer Schwäche, und für jede Demütigung, die wir ihnen antun, haben sie demütig zu danken. Denn wehe, sollten sie sich wehren! Dann lassen wir sie kurzerhand verhungern und in ihrer Not sich gegenseitig an die Gurgel fahren, und kein Polizist wird da sein, um sie zu hindern, kein Richter, uns dafür zu strafen.

So sagt das natürlich keine Kanzlerin und auch der Präsident des Industrie- und Handelskammertages nicht, obwohl er ihr vorschreibt, was sie verschweigt. Aber die Bürokraten im Ministerium der unfassbaren Frau von der Leyen, diese Strategen der Verelendung sprechen das Credo der Bourgeoisie ungescheut aus. Sie wissen nämlich, was die Chefetage lesen will.

(Weiterlesen)

Anmerkung: Ein hübscher Text, der endlich einmal die Denkweise, die hinter diesem öffentlichen Hartz-Geblubber der neoliberalen Bande steckt, sichtbar macht.

Auch darf man nicht müde werden sich daran zu erinnern, dass Leute wie jene Frau von der Leyen, aber auch weniger prominente Bürokraten, neben ihren "Nebeneinkünften" noch ein sattes Gehalt nebst Pensionsansprüchen und allerlei anderen finanziellen Zuwendungen vom Staat kassieren, während sie den Ärmsten der Bevölkerung die Butter auf dem Brot nicht gönnen und sie drangsalieren lassen, wo sie nur können.

In früheren Zeiten nannte man so etwas asozial. Heute sitzen demnach Asoziale (nicht nur) im Sozialministerium. Was für eine Farce.

Terrorwahn: Die Gefahr eines inszenierten Anschlags wächst

  1. Angeblich seien Hinweise auf einen bevorstehenden Terroranschlag durch Islamisten in Deutschland nie so konkret gewesen, wie in diesen Tagen. Die Initiativen in Richtung Vorratsdatenspeicherung, Einsatz der Bundeswehr im Innern, Erweiterung der Kompetenzen für Geheimdienste etc. sind in den letzten Monaten etwas ins Stocken gekommen. Zur Begleitung der schleichenden Einführung von Drohneneinsätzen gegen die Bevölkerung, zuletzt gegen Atomkraftgegner im Wendland, wurde planmäßig zunächst die Suche nach dem vermissten Mirco benutzt. Später soll auf Drohnen als Helfer gegen die Terrorgefahr hingewiesen werden.

    (Weiterlesen)


  2. (...) Eine Bombe im Flugzeug Richtung Deutschland? Zugegeben, ich bin nur Wissenschaftsjournalist, befasse mich mit physikalischen Phänomenen, doch offen gesagt glaube ich nicht an diese Nachricht. Das passt doch alles zu gut. Bei mir im Hotel die Innenminister, und ausgerechnet jetzt wird verkündet, dass Deutschland demnächst zum Ziel eines Terroranschlags wird. Das riecht nach Inszenierung. (...)

    Niemand von uns Bürgern kann kontrollieren, ob das alles stimmt. Und überhaupt mag ich diese Panikmache nicht. Als Naturwissenschaftler habe ich gelernt, Risiken quantitativ zu vergleichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich von einem Auto oder einem Schäferhund getötet werde, ist weit größer, als Opfer eines Terroranschlags in Deutschland zu werden. Nein, ich habe keine Angst, und selbst dann, wenn alle Polizisten Hamburgs um mein Bett stehen, behalte ich meinen klaren Kopf. Das, was hier passiert, ist eine Inszenierung. (...)

    Ich zweifle an dieser ganzen Terrormanie, lehne die diversen Formen staatlicher Überwachungen ab, halte nichts von inszenierten Tagungen, die Städte blockieren, und sitze erneut ausgerechnet inmitten der Apologeten eines Sicherheitsstaates.

    (Weiterlesen)


Anmerkung: Es ist beachtlich, dass inzwischen auch bekannte Journalisten wie Ranga Yogeshwar öffentlich ihrer Skepsis Ausdruck verleihen (dürfen). Der Bericht in der taz ist zwar nur verhalten kritisch, aber dennoch ungemein nützlich und notwendig. Wie schon zuvor Harald Lesch im ZDF, sind es heute offenbar die Wissenschaftsjournalisten, die ihren Kollegen aus den Politikredaktionen zeigen müssen, wie es richtig geht.

Ungeachtet dessen geht der politische Zirkus munter weiter. Die Saarbrücker Zeitung berichtet beispielsweise: "In der Unionsfraktion gibt es offenbar erste Überlegungen, angesichts der terroristischen Bedrohung die Pressefreiheit in Deutschland einzuschränken." Das war vorhersehbar und zeigt deutlich, welches Demokratie- und Freiheitsverständnis in diesem schwarzen Haufen vorherrscht.

Der einzige Terror, den die Menschen in diesem Lande wirklich zu fürchten haben, ist der absolut reale Terror der neoliberalen Bande.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Lachnummer des Tages: Der Ethikverband der Deutschen Wirtschaft

Der Gründer von Wikileaks, Assange, muss sich harsche Kritik gefallen lassen. Der Präsident des Ethikverbandes der Deutschen Wirtschaft, Posé, geißelt die "Machenschaften" der Plattform bei n-tv als "unmoralisch".

(Weiterlesen - via Fefe)

Anmerkung: Ich kann mich Fefe nur anschließen: Der "Ethikverband der Deutschen Wirtschaft", das ist in der Tat nur noch für einen Schenkelklopfer gut. Schreiben können sie das Wort "Ethik" offenbar - aber was es bedeutet, wird diesen Gesellen doch immer ein mystisches Rätsel bleiben ...

Und ausgerechnet diese Bande wagt es, Wikileaks und Assange "Unmoral" vorzuwerfen? Das ist Absurdistan in Perfektion. Misten Sie den eigenen Saustall mal ordentlich aus, Herr Posé (auch wenn dann vermutlich nicht viel übrig bleibt) - dann können wir uns gern auch einmal über Moral und Ethik unterhalten.

Südafrika: Kapitalismus in Perfektion

Ein Brot kostet einen Tageslohn

Ein heillos überladener Pick-up mit 35 Bauarbeitern auf seiner Ladefläche hält vor einem Supermarkt an. Die Arbeiter stürmen die Brotabteilung des Geschäftes und wiegen in großem Aufruhr mehrere Laibe Weißbrot in der Hand ab, um den schwersten darunter zu finden. Ein langer Arbeitstag liegt vor ihnen. Nur drei davon kaufen etwas Wurst dazu. Alle anderen können sich nur das trockene Toastbrot leisten: es kostet 10 Rand, umgerechnet einen Euro. Am Ende des Monats, wenn sie ihren lächerlich niedrigen Lohn ausgegeben haben, werden sie nicht einmal dafür genug Geld haben. (...)

Überteuertes Brot ist nicht das Einzige, worüber Durchschittssüdafrikaner stöhnen. Die Lebensmittelpreise liegen insgesamt über denen in Deutschland. Die Mobilfunkgebühren sind horrend, dabei ist das Handy das einzige Telekommunikationsmedium der Armen. Die Bankgebühren sind absurd: Für Ein- und Auszahlungen vom eigenen Konto werden bis zu 10 Prozent des Betrages einbehalten. Immens hohe Kosten fallen für Wasser an, wobei arme Township-Bewohner mehr zahlen als reiche Haushalte mit intakter Kanalisation. Thami Bolani, Präsident des südafrikanischen "Konsumentenforums", beklagt verfestigte Monopole und heimliche Absprachen zwischen den Konsortien: "Diese Profitgeier würden uns am liebsten bis zum Tod ausbeuten."

(Weiterlesen)

Anmerkung: Der Neoliberalismus beweist immer wieder nachhaltig und allerorten, dass er unweigerlich ins Aus führen muss. Die absurde Situation in Südafrika - das ja angeblich so vehement von der Fußball-WM "profitieren" sollte - ist da nur ein weiteres Steinchen im großen Mosaik des Wahnsinns.

Die Weltwirtschaftskrise - damals und heute

Schikane und Entwürdigung: Der alltägliche Faschismus von Hartz IV

  1. Es waren Sozialdemokraten und Grüne, die als Regierende begannen, die bewährte solidarische Arbeitslosenversicherung abzubauen und die Beschäftigungspolitik neoliberal zuzurichten. Der Protestruf "Hartz IV ist Armut per Gesetz" hatte von Anfang an seine Berechtigung. Wer sich ausgerechnet von diesen beiden Parteien erhoffte, sie würden mittels des Bundesrates an dem jetzt von CDU/CSU und FDP geplanten neuerlichen Abbau sozialer Leistungen Entscheidendes ändern, muss schon an Amnesie leiden. (...)

    In der Partei Die Linke wie auch in den Gewerkschaftern wird oft beklagt, dass die "Hartz IV"-EmpfängerInnen als direkt Betroffene wenig Protestbereitschaft zeigten. Solche Klagen gehen am Kern des Skandals vorbei. Wer über längere Zeit die Abhängigkeit von den Arge-Ämtern hat erdulden müssen, ist nicht nur verarmt, sie oder er ist auch vielfach gedemütigt und entwürdigt worden. Mutlosigkeit breitet sich aus, das Selbstwertgefühl leidet. Die Rausgeworfenen sollen die Konkurrenz der "Ware Arbeitskraft" anstacheln und auf die Löhne drücken. Dazu bedarf es neben der materiellen Verarmung auch einer moralischen Stigmatisierung: Wer keine Arbeit finden kann, muss faul oder asozial von Geburt an sein. SPD und Grüne propagierten bei der Einführung der Hartz-Gesetze, sie wollten "fördern und fordern". "Gefördert" wird seither die Zurichtung zu Billiglöhnern, "gefordert" wird durch Herabstufung berechtigter Lebensansprüche und durch ständige Diskriminierungen. An den Diskriminierungskampagnen beteiligen sich fast alle Medien: von Bild bis zu den Feuilletons der überregionalen Zeitungen, nicht zuletzt die Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, und Hauptadressat der Kampagnen sind die brav und gefügig Arbeitenden, die dadurch permanent eingeschüchtert werden.

    Sozialhilfeempfänger werden ausgegrenzt aus der Gesellschaft der "anständigen Leute". Ein Mode-Philosoph wie der wohlbestallte Professor Sloterdijk darf in der FAZ den Sozialstaat als "institutionalisierte Kleptokratie" bezeichnen, also die Millionen auf Hilfe Angewiesenen als "Diebe" beleidigen, unter deren "Herrschaft" die gute Gesellschaft leidet. Professor Heinsohn von der Universität Bremen erweist sich in FAZ und Welt als wahrer Eugeniker und Sozialrassist, indem er eine angeblich vom Sozialstaat geförderte "Massenkindhaltung" der Unterschicht anprangert, die der Staat nur begrenzen könne durch Minimierung der Kinderzuschüsse und deren völligen Entzug nach einigen Jahren wie in den USA.

    (Weiterlesen)


  2. Seit 2002 untersuchen Wissenschaftler in einer Langzeitstudie die Ausmaße, Entwicklungen und Ursachen von Vorurteilen in Deutschland. Aktuell haben die Forscher die Folgen der Wirtschaftskrise unter die Lupe genommen - und dabei eine "deutliche Vereisung des sozialen Klimas", rohe Bürgerlichkeit und einen zunehmenden Klassenkampf von oben beobachtet. Die Feindbilder in einer durchweg wirtschaftlich geprägten Gesellschaft seien Muslime und "wirtschaftlich Nutzlose".

    (...) Zudem sprechen die Wissenschaftler von einer zunehmend "rohen Bürgerlichkeit". Diese Rohheit zeichne sich dadurch aus, dass es infolge von ökonomischen wie gesellschaftlichen Kriseneffekten deutliche Hinweise auf eine "entsicherte wie entkultivierte Bürgerlichkeit" gebe, die auch über "angeblich liberale Tages- und Wochenzeitungen" verbreitet werde. Die neue Formel des Abbaus von sozialstaatlichem Anrecht auf Unterstützung laute: Gnade durch Wohlhabende und Selbstverantwortung der sozial Schwachen.

    Die Forscher betonen, dass der gepflegte Konservatismus abgestreift werde: Zivilisierte, tolerante, differenzierte Einstellungen in höheren Einkommensgruppen scheinen sich in unzivilisierte, intolerante Einstellungen zu wandeln. So nimmt beispielsweise in der höheren Einkommensgruppe (ab 2500 Euro pro Kopf; Haushaltsnettoeinkommen, umgerechnet und gewichtet nach Anzahl der Personen im Haushalt) die Zustimmung zu Etabliertenvorrechten und Islamfeindlichkeit besonders deutlich zu. Da sich die zunehmende Islamfeindlichkeit insbesondere bei höheren Einkommensgruppen zeige, wirke Bildung in diesem Fall nicht entgegen, heißt es in der Studie weiter.

    Auch die Entsolidarisierung der Besserverdienenden fällt bei den Ergebnissen der Studie ins Auge. Wohlhabendere fühlen sich ungerecht behandelt - obwohl es eine Umverteilung von unten nach oben gebe. "Der semantische Klassenkampf von oben wird ungeniert offenbart", schreiben die Wissenschaftler. Zudem werten Höherverdienende Langzeitarbeitslose deutlich mehr ab, als Befragte in niedrigeren Einkommensgruppen dies tun.

    (Weiterlesen)


Anmerkung: Zunächst muss wieder einmal daran erinnert werden, dass SPD und Grüne in schönem Einvernehmen mit der Union und der FDP die bewährte und zuvor hart erkämpfte solidarische Arbeitslosenversicherung - die Arbeitslosenhilfe - de facto abgeschafft und durch das perfide Hartz-IV-System ersetzt haben. Die Arbeitslosenhilfe war, ebenso wie das Arbeitslosengeld, an die Höhe des zuvor bezogenen Gehaltes des Betroffenen geknüpft, wodurch eine zumindest rudimentäre Gerechtigkeit gegeben war. Hartz IV steuert in die genau entgegengesetzte Richtung - da geht es nicht um Würde oder Gerechtigkeit, sondern um Entwürdigung, gezielte Verarmung und Schikane.

Lesenswert ist besonders die Studie von Prof. Wilhelm Heitmeyer, über die der tagesschau-Text berichtet. Dort heißt es am Ende: "Die Wissenschaftler betonen, rechtspopulistische Positionen versprächen angebliche Sicherheit in unruhigen Zeiten. Dies nehme mit dem Alter zu und sei in einer alternden Gesellschaft keine beruhigende Prognose für die demokratische Qualität. Für den sozialen Zusammenhalt in einer zunehmend ethnisch-kulturell heterogenen Gesellschaft seien das keine positiven Signale."

In der Tat: All diese Entwicklungen nach rechts und die Ankunft faschistischer und faschistoider Elemente in der so genannten "Mitte" sind sehr bedrohlich - und zwar nicht nur für Muslime und "wirtschaftlich Nutzlose", sondern für uns alle.