Samstag, 24. Juli 2010

Das Geheimnis des Bienensterbens

















Hunger in Deutschland

In Deutschland sind elf Millionen Menschen von Armut bedroht. Tausende leben bereits am Existenzminimum. Dabei handelt es sich nicht nur um Obdachlose, sondern auch um Rentner, Witwer, Alleinstehende und Alleinerziehende. Für viele gehört der Hunger inzwischen zum Leben dazu. Und ihre Situation scheint aussichtslos. (...)

Von Armut betroffen sind oft Menschen, die von Sozialleistungen leben [müssen]. Nach Ansicht von Experten kann man mit den Regelsätzen für einen begrenzten Zeitraum auskommen, aber nicht auf Dauer. Doch anders als noch vor 20 Jahren ist Armut heute von langfristiger Natur. Das sagt Rudolf Martens, Wissenschaftler beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Er befürchtet, dass sich die Gesellschaft in Deutschland in Teilen auf amerikanische Verhältnisse zubewegt.

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Anmerkung: Dies ist zwar eine hübsche Beschreibung der katastrophalen Lage, in der sich Millionen von Menschen in diesem reichen Land befinden, aber das MDR-Magazin Fakt erwähnt mit keinem Wort die Gründe, weshalb diese schlimme Entwicklung - politisch gewollt und forciert - stattgefunden hat und weiter stattfindet.

Menschen, die hier mitlesen, wissen das in der Regel schon - aber es wäre die journalistische und informationelle Pflicht der Redaktion des Magazins gewesen, die Zuschauer darüber zu informieren, dass die neoliberale Bande seit Rot-Grün über Schwarz-Rot bis hin zu den Schwarz-Gelben genau diese Entwicklung gezielt und gewollt vorangetrieben hat. Ohne diese Information ist die Lagebeschreibung zwar immer noch skandalös - besitzt aber keinen aufklärerischen Wert.

Auf die amerikanischen Verhältnisse freuen wir uns sicher alle schon: "US-Mittelstand verarmt in der Krise / Sie hatten Häuser, einen Job und ein Auto: Ein Jahr Wirtschaftskrise hat ihnen alles genommen. Ihre Arbeit ist weg, das Haus gehört der Bank und ihre letzte Zuflucht ist ein Zelt." (Quelle)


Zeltstadt in Pinellas Park, Florida: Über 13 Prozent der US-Bevölkerung leben in Armut

Die "Helden der Arbeit" vs. Hartz IV

Es gibt Geschichten, die schreibt nur das Leben. Da geht einem Zeitungsfotografen die Waschmaschine kaputt, weshalb er sich in den Waschsalon begibt, wo das wirkliche Leben tobt. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit er seine Wäsche hinbringt - immer trifft er dort auf ein und dieselbe Putzfrau und wundert sich. Eines Tages fasst sich der Fotograf ein Herz und fragt die Putzfrau, wieviel sie eigentlich arbeite, und die Putzfrau antwortet: "Eigentlich immer". Das müsste für eine Story reichen, denkt sich der Mann. Wenig später rückt er mit einer Kollegin aus dem SZ-Magazin bei Petra Steingart (Name der Putzfrau) an. Einfach sei das nicht gewesen, lässt uns das Magazin im Abspann wissen: Für das Interview habe Frau Steingart sich "viel Zeit freischaufeln und Termine umschichten müssen", Putztermine wohlgemerkt, denn die Frau arbeitet im Schnitt 17 Stunden am Tag, manchmal werden es auch 19.

Das sei der "Terminkalender eines Managers", heißt es im ersten Satz des Vorspanns anerkennend, wenn auch nur für "einen Lohn, der gerade zum Überleben reicht". Keine Ahnung, wieviele Manager mit einem 17- bis 19-Stunden-Arbeitstag das SZ-Magazin schon interviewt und porträtiert hat (ich kann mich an keines erinnern), aber egal, Hauptsache, man hat eine griffige Einstiegsphrase, die einem im zweiten Satz erlaubt, noch tiefer ins Klischeeklo zu greifen und unsagbar dämliche Pseudoalternativen zu konstruieren: "Ist sie ein Vorbild? Oder ein Opfer unserer Zeit?"

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Anmerkung: Ein prächtiges Stück Propaganda aus dem SZ-Magazin, sehr treffend und pointiert analysiert. Bitte lesen und weiterreichen!

Freitag, 23. Juli 2010

Wenn auch die Alten radikaler werden, ist die Endzeit in Sicht



Anmerkung: Wer hätte dem alten Herrn Udo Jürgens ein solches, kritisches Werk wie "Fünf Minuten vor Zwölf" zugetraut? Sicher, es ist kein Aufruf zur Revolution, aber immerhin scheint sich auch in diesen Kreisen - und gerade bei Älteren - allmählich doch herumzusprechen, dass die Raubzüge der "Elite" gegen alle Menschen und die Natur gerichtet sind - und nicht nur gegen "missliebige Minderheiten". Was sagt uns das über den Zustand unserer Gesellschaft, wenn gealterte ehemalige Entertainer sich heute auf die Bühne setzen und ein fast zehnminütiges, fast schon sozialkritisches Werk (das musikalisch ein wenig auf alten Supertramp-Spuren wandelt) vor ebenso gealterten Frauen und Männern zum Besten geben?

Nichts Gutes allemal.

Künstler und Künstlerinnen gegen Merkels Sparmaßnahmen

Bis jetzt haben 1.295 Künstlerinnen und Künstler erneut zum aktiven Widerstand gegen die einseitigen und sozial ungerechten Sparpläne der Bundesregierung aufgerufen. "Es ist ein Aufruf gegen rechts, gegen die Abwälzung der Krisenfolgen und für die Umverteilung von oben nach unten, gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung – und für die Förderung der kulturellen Vielfalt", meinen sie. Unter ihnen viele bekannte Namen.

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Anmerkung: Der sehr frei nach Wolfgang Borcherts "Dann gibt es nur eins" gestaltete Text des Aufrufs ist zur weiteren Verbreitung unbedingt empfohlen - ebenso wie das Original, natürlich.

Polizeigewalt in Deutschland

  1. Amnesty International hat einen neuen Bericht mit dem Titel "Täter unbekannt – mangelnde Aufklärung von mutmaßlichen Misshandlungen durch die Polizei in Deutschland" vorgelegt. In diesem werden Fälle übermäßiger Polizeigewalt und Todesfälle in Polizeigewahrsam untersucht. Die Ergebnisse sind durchaus alarmierend. Das gegenwärtige System, in welchem die Polizei unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen führt, könne danach keine umgehenden, unparteiischen, unabhängigen und umfassenden Untersuchungen aller mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei gewährleisten.

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  2. Die deutsche Polizei verstößt gegen internationale Menschenrechtsstandards, so könnte das Fazit einer Studie zur Polizeigewalt lauten, die von Amnesty International am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Beschwerden dagegen würden häufig nicht umgehend, unabhängig und umfassend untersucht, fasste die Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation Monika Lüke das Ergebnis des Berichts (...) zusammen.

    Nicht selten scheiterten die Verfahren schon daran, dass kein Täter ermittelt werden könne. Bei Ermittlungen gegen Kollegen mauerten Polizisten - teilweise gebe es auch ein falsch verstandenes Wir-Gefühl, so dpa. "In Deutschland bleiben Polizisten meistens anonym – vor allem, wenn sie Helme tragen und in geschlossenen Einheiten agieren", sagte Lüke.

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Anmerkung: Was soll man dazu noch sagen? Jetzt bescheinigt diesem Land sogar eine Organisation wie Amnesty International, dass ganz offensichtlich vieles im Argen liegt - aber wie gewohnt verhallt das einfach im Nichts des Tagesgeschäfts und alles geht weiter den gewohnten neoliberalen Gang.

Menschenrechtsverletzungen in Deutschland, noch dazu durch die Polizei - wen interessiert das? Das betrifft doch sowieso nur Ausländer, Arme, Asoziale und linke Spinner, die der Meinung sind, ihr Demonstrationsrecht bestünde nicht nur auf dem Papier. Da lehnt sich der gesittete Mittelstandsbürger abwinkend zurück und bemerkt wieder einmal nicht, dass in dunklen Schubladen vielleicht schon die fertigen Pläne liegen, die auch ihm ein schauriges Plätzchen in diesem grotesken Schauspiel zuweisen ...

Die Propagandamedien - jetzt auch unverdeckt

  1. Coup vor der Sommerpause: Steffen Seibert, Nachrichtenmann beim ZDF-Flaggschiff heute-journal, wird [die] Kanzlerin und ihre Regierung künftig in der Öffentlichkeit vertreten. Schon im August soll er die Nachfolge von Ulrich Wilhelm antreten. (...)

    Seibert wird seine Arbeit am 11. August aufnehmen, wie das Bundespresseamt mitteilte. Merkel freue sich auf die Zusammenarbeit. Seibert folgt Ulrich Wilhelm, der als Intendant zum Bayerischen Rundfunk (BR) wechselt.

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  2. (...) Dass aber jenes Amt [des Regierungssprechers] gar keine Spielwiese für Journalisten sein kann, weil das Ideal, das kleine Einmaleins des Journalismus dort nicht mehr waltet, die Neutralität nämlich, die Objektivität und die kritische Recherche, spricht Seibert in einem Anflug von Paradoxie dennoch an. Er wolle mit aller Kraft helfen, sagt er, die Politik der Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzlerin Merkel, den Bürgern zu vermitteln. Denn es sei eine Politik, die die richtigen Schwerpunkte setze, um unserem Land in diesen schwierigen Jahren eine gute Zukunft zu sichern. (...) Aber dennoch sagt uns diese Stellungnahme viel, auch wenn sie zuerst nach gar nichts klingt: der leidenschaftliche Journalist ist von den Grundsätzlichkeiten seiner Profession weit entfernt. Er ist nicht neutral, nicht kritisch, nicht objektiv - er ist parteiisch, gutgläubig, subjektiv: er ist das personifizierte Verlautbarungsorgan seines Dienstherrn. Er erzählt, was die Regierung von ihn erwartet; er tut kund, was man ihm aufschreibt; er vermittelt Vordiktiertes - das ist nicht journalistisch: das ist propagandistisch!

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  3. (...) Die Personalie hätte zudem das Zeug zur Tragikomödie, wenn es nicht so bitterernst wäre. Da sitzt der ZDF-Journalist Seibert also bald am Tisch mit der Macht - und dient nun genau der Frau, die mit ihrer Partei im vergangenen Jahr knallhart den Rausschmiss des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender betrieb - auch so eine Sache, die im Gegensatz zum sonstigen Koalitionskuddelmuddel erstaunlich gut geklappt hat.

    Damals setzte Seibert seine Unterschrift unter einen Protestbrief gegen die Demission seines Chefs. Jetzt will er, wie er in einer knappen Stellungnahme wissen ließ, "mit aller Kraft helfen", Merkels Politik "den Bürgern zu vermitteln". Man wüsste gern, was er sich dabei denkt. Denn seit der Causa Brender steht die Staatsferne des ZDF - und damit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt - im Mittelpunkt der Diskussion. Dass nun mit Ulrich Wilhelm ein Regierungssprecher ausscheidet, um bei der ARD als Intendant anzufangen, und an seine Stelle ausgerechnet ein ZDF-Mann nachrückt - ein absurderes Signal für fehlende Staatsferne könnte es kaum geben.

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Anmerkung: Vielleicht wird durch diesen Vorgang ja noch weiteren Menschen klar, dass wir mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine "freien" Medien haben, sondern dass es sich dabei größtenteils um politisch gesteuerte Propagandamedien handelt? Das "Fernsehen der DDR" lässt grüßen!

Übrigens ist die Behauptung im taz-Kommentar und anderen Artikeln, u.a. in der Süddeutschen Zeitung, falsch, Seibert habe den Protestbrief an Merkel wegen des Rauswurfes von Nikolaus Brender mit unterschrieben, wie man hier (ab Minute 5:30) sehen kann.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Zitat des Tages (48): Angst

So geläufig dieses Dröhnen,
das Rasseln der Panzer,
dieses rasselnde Dröhnen,
Panzerketten
nachts in den Ohren,
sie üben noch.

Klopft mein Herz bis zum Hals,
erwache ich schwitzend,
üben sie noch
oder ist schon Krieg?
Und jeden Morgen diese Frage,
jeden Tag.

Seid ruhig, ihr Lieben,
habt ruhig Angst,
und lauthals
vertraut eurer Hoffnung.
Die Zeitungen schreiben von Feinden,
wir haben andere.

(Wolfgang Bittner [*1941]: Po przebudzeniu (Nach dem Erwachen). Warschau 2009)


(Foto: Archiv W. Bittner)

Krieg: Die deutsche Militärdoktrin

  1. Welchen Auftrag hat das deutsche Militär? Vom Grundgesetz her nur den Verteidigungsauftrag. Insofern hatte Jürgen Trittin, Vorsitzender der Grünen, recht, als er die vom bisherigen Bundespräsidenten Horst Köhler auf dem Rückflug von Afghanistan, seiner letzten Dienstreise, holprig, aber deutlich gegebenen Hinweise auf die wirtschaftlichen Interessen, denen die Bundeswehr diene, als grundgesetzwidrig beanstandete. Aber diese auch von sozialdemokratischen Politikern geäußerte Kritik sorgte nicht für Klarheit über den tatsächlichen Auftrag des deutschen Militärs, im Gegenteil: Sie verschleierte, dass die Bundeswehr schon jahrzehntelang, spätestens seit dem Ende des Warschauer Pakts, nicht defensiv, sondern offensiv ausgerichtet ist, dass in den geltenden "Verteidigungspolitischen Richtlinien" seit 1992 die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" als militärische Aufgaben benannt sind, dass seitdem alle Regierungsparteien und -koalitionen, auch Rot-Grün, diese imperialistische Militärdoktrin gebilligt und angewendet haben und dass diese Doktrin inzwischen – der Öffentlichkeit verborgen – noch ausgeweitet worden ist und jetzt auch die militärische Gewaltanwendung im Innern umfasst.

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  2. Der Krieg in Afghanistan, der nunmehr fast doppelt so lange dauert wie der Zweite Weltkrieg, wurde mit der Lüge begonnen, dass es sich um einen Abwehrkampf handele, der nach den verbrecherischen Anschlägen des 11. September 2001 gegen einen menschenverachtenden Terrorismus geführt werden müsse – als völkerrechtlich erlaubte Notwehr und Selbstverteidigung. Doch auf den noch qualmenden Trümmern des World Trade Center hatte US-Präsident George W. Bush zum "Kreuzzug gegen den Terrorismus" aufgerufen, von "jagen" und "ausräuchern" gesprochen, Rache und Vergeltung geschworen, in Wildwest-Manier die Auslieferung des Hauptverdächtigen Osama bin Ladin "dead or alive" gefordert. All dies hatte mit Völkerrecht nicht das Geringste zu tun und wirft daher gerade für Deutschland und seine Bundeswehr die Frage nach der grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit dieses Militäreinsatzes auf.

    Mehr noch: Der im Oktober nach kürzester Vorlaufzeit begonnene Einmarsch in Afghanistan war seit Jahren von der US-Regierung geplant und vorbereitet worden. So berichtete Bob Woodward in seinem mit dem Pulitzer-Preis gekrönten Artikel über paramilitärische Geheimverbände der CIA, dass "die Spezialeinheiten seit 1997 in Afghanistan ein und aus gingen und dabei immense operative Erfahrungen gesammelt sowie wichtige Kontakte, insbesondere mit der Nord-Allianz, geknüpft" hätten. Da nimmt es nicht Wunder, dass die Operationspläne für die Invasion in Zentralasien seit April 2001 – ein halbes Jahr vor 9/11 – fertig in den Schubladen des Pentagons gelegen hatten. Michael Meacher, Minister im Kabinett von Tony Blair, gab später zu Protokoll, dass der britische Premierminister vor dem "Commons Liaison Committee" ausgesagt hatte: "Ehrlich gesagt hätte es ohne das Geschehen vom 11. September keine Möglichkeit gegeben, die öffentliche Zustimmung für einen plötzlichen Angriff auf Afghanistan zu erhalten."

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  3. (...) Die Wende 1989/90 wurde vom deutschen Kapital als befreiender Dammbruch verstanden, weil in deren Folge die profithemmende, durch die Existenz der realsozialistischen Staaten erzwungene Rücksichtnahme auf das Gemeinwohl nach vierzig Jahren überflüssig geworden schien. Seit dieser Zeit wird in Deutschland bei einem Thema in einem bis dato nicht erlebten Ausmaß gelogen, dass sich die Balken biegen: in der Begründung für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Und das kam so:

    Die selbsternannte vermögende Elite dieses Landes wollte nach dem Wegfall der von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges auferlegten Fesseln mit der zurückgewonnenen vollen Souveränität wieder unbefangen die Streitkräfte in ihrer traditionellen Rolle einsetzen: zur Absicherung ihrer ökonomischen Interessen. Die herrschende Klasse der Verbündeten in Nato und EU hatte dies schließlich in ungebrochener historischer Kontinuität von 1945 bis 1990 vorgemacht. (...) Hinzu kam der Druck der Nato-Führungsmacht, verpackt in den Euphemismus von "Partnership in Leadership". So wurde denn unmittelbar nach dem Fall der Berliner Mauer in den Führungsetagen der Bundeswehr und des Verteidigungsministeriums heftig über neue Aufgaben für die einstige Armee zur Kriegsverhinderung nachgedacht, der so urplötzlich der Feind abhanden gekommen war. Das Ergebnis waren die ersten "Verteidigungspolitischen Richtlinien" von 1992, deren Kernüberlegungen zur militärischen Absicherung von Wirtschaftsinteressen auf einem Papier des späteren Generalinspekteurs und danach Vorsitzenden des Nato-Militärausschusses, Klaus Naumann, beruhen.

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Anmerkung: Es liegt alles offen und unverdeckt auf dem Tisch - die genannten "Verteidgungspolitischen Richtlinien" ebenso wie alle anderen in den Texten erwähnten Dokumente und Informationen, die klar belegen, dass der Einsatz der Bundeswehr (nicht nur) in diesem Krieg klar verfassungswidrig ist und der Krieg als solcher gegen das Völkerrecht verstößt. Nur leider hat das - wie gewohnt - keine Konsequenzen.

Das erwähnte Zitat des Blair-Kumpanen Michael Meacher sollte jeden aufhorchen lassen, der angesichts der merkwürdigen Ereignisse am 11. September 2001 weiterhin ein flaues Gefühl in der Magengegend verspürt.

Kämpfen "wir" aktuell eigentlich gerade gegen Ozeanien oder Eurasien? - Und als Tipp für alle, die aufgrund der andauernden Raubzüge der neoliberalen Bande am Monatsende kein Geld mehr übrig haben, um sich Toilettenpapier zu leisten: Hier kann man das Grundgesetz der BRD kostenlos online bestellen. Irgendeinen Sinn sollte es ja noch erfüllen - in Berlin schert sich offensichtlich niemand mehr darum.

FDP sorgt weiter für ihresgleichen - Über Niebels Personalentscheidungen

Der Personalrat im Entwicklungsministerium hat die Einstellungspolitik von Minister Dirk Niebel (FDP) erneut scharf kritisiert, weil dieser etliche Parteifreunde im Ministerium untergebracht hat. In einem internen Schreiben vom 21. Juni, das der taz vorliegt, bemängelt der Rat, dass die "handverlesene externe Besetzung wichtiger Stellen" ungebremst weitergehe.

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Anmerkung: Sie schachern sich gegenseitig die Posten und damit verbundenen Gelder zu - aber wer hätte denn, gerade von der FDP, etwas anderes erwartet? Ein Entwicklungsminister, der vor der Wahl noch gefordert hatte, das Entwicklungsministerium abzuschaffen, ist doch die beste Wahl für dieses Amt und sorgt selbstverständlich dann auch für seine Parteifreunde. Fachwissen stünde da doch nur im Weg.

Konsequenzen wird das - wie gewohnt - nicht haben. Diese Bande wird noch soviel Geld wie möglich aus dem Staatssäckel auf die eigenen Konten saugen, bis sie wieder in der Opposition landet. Und dann beginnt das alberne Theater wieder aufs Neue.

Dienstag, 20. Juli 2010

Zitat des Tages (47): SPD

Aufgabe mit imaginären Größen: 1 sozialdemokratische Partei hat 8 Jahre 0 Erfolge. In wieviel Jahren merkt sie, dass ihre Taktik verfehlt ist?

(Kurt Tucholsky [1890-1935], genaue Quelle unbekannt, zitiert nach Das Blättchen, 13. Jahrgang, Nummer 14 vom 19. Juli 2010)


Wo die SPD heute steht: Paul Kirchhof und Peter Sloterdijk

Einst hat die SPD Paul Kirchhof als "Professor aus Heidelberg" verspottet, nun lädt sie ihn zur Diskussion. Und am Ende sind selbst die Lästermäuler eingelullt.

Lange gehörte er fest zum Feindbild der SPD. Als weltfremder Intellektueller wurde Paul Kirchhof im Wahlkampf 2005 verspottet. Als "dieser Professor aus Heidelberg" titulierte der damalige Kanzler Gerhard Schröder den designierten schwarz-gelben Finanzminister und Befürworter einer Einheitssteuer. Nun hört man ihm aufmerksam zu.

Der Philosoph Peter Sloterdijk kam gleich zur Sache: "Nach meiner Überzeugung geht alle Gewalt vom Fiskus aus, nicht vom Volke." Mit diesem "latenten Bürgerkrieg" müsse Schluss sein, polterte Sloterdijk los, der wegen seines Feldzugs gegen Zwangsabgaben inzwischen als eine Art Guido Westerwelle unter den deutschen Intellektuellen gilt. Als Alternative zum herkömmlichen Steuerzahlen pries Sloterdijk "die Schönheit des freiwilligen Gebens" an.

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Anmerkung: Es ist doch alles viel, viel schlimmer. Sloterdijk vertritt offen sozialdarwinistische, faschistoide Thesen, die an Menschenverachtung kaum mehr zu überbieten sind. Und dass gerade Steinmeier und Müntefering den grotesken Vorstellungen Kirchhofs zugänglich sind, verwundert nur denjenigen, der die letzten 10 Jahre im Tiefschlaf verbracht hat.

Was aber weitaus bedenklicher ist als diese erneute Bestätigung, dass sich an der Spitze der SPD weiterhin erzkonservative, strunzdumme neoliberale Dogmaten befinden, die offensichtlich nicht im Ansatz verstanden haben oder verstehen wollen, was sie angerichtet haben, ist die Tatsache, wie die Süddeutsche über diesen Notfall berichtet. Da findet sich nicht einmal in einem Nebensatz der Hauch einer Kritik - es werden keine Zusammenhänge benannt, die offensichtlich sind, es werden keine Hintergründe beleuchtet, es wird nicht darauf hingewiesen, was die katastrophalen Steuererleichterungen für Reiche und Konzerne in den letzten 10 Jahren bewirkt haben (und nichts anderes ist das "Konzept" Kirchhofs: weitere massive Steuersenkungen für Reiche und vor allem Superreiche).

Man weiß nicht, ob man in hysterisches Gelächter ausbrechen oder doch eher in Depressionen versinken soll, wenn man den letzten Satz dieses Artikels liest: "Mit Spannung wird jetzt aber erwartet, ob einige der Ideen des 'Professors aus Heidelberg' sich auch im neuen Steuerkonzept wiederfinden, an dem die Sozialdemokraten derzeit arbeiten und das im Herbst vorgestellt werden soll."

Sicherlich warten wir alle "mit Spannung" darauf, wie die SPD sich weiter in eine modrige Leiche verwandelt, während der Zerfall der Gesellschaft in Siebenmeilenstiefeln Fahrt aufnimmt ...

Röslers "Lizenz zum Auspressen" oder: Ein Ministerkopf im Enddarm der Geldelite

  1. Geld ist genug da

    Solidarisches Gesundheitssystem auf hohem Niveau wäre auch ohne Mehrbelastungen für Gros der Versicherten realisierbar. Doch dazu fehlt der politische Wille.

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  2. Scharf kritisiert das globalisierungskritische Netzwerk Attac die Pläne der Koalition zur Finanzierung der Gesundheitsvorsorge. Werner Schüßler, Psychologe und Mitglied der Attac-AG Soziale Sicherung, sagte: "Während bei der Fußballweltmeisterschaft die Überlegungen für gerechtere und transparentere Entscheidungen bei groben Fehlern und Fouls diskutiert werden, leistet sich die Regierungskoalition zum wiederholten Male grobe Fouls gegen das solidarische Gesundheitssystem. Es wird Zeit, die rote Karte zu zücken, diese Regierung gehört vom Platz gestellt!"

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  3. (...) Ein System, das sich fast ausschließlich aus den Beiträgen sozialversicherungspflichtig Beschäftigter finanziert, ist von gestern. Immer mehr Geld wird anderswo verdient – auf dem Kapitalmarkt, durch Erbschaften, über Immobilien. Die Krankenkassen bekommen nichts davon. Darauf hätte die Koalition reagieren müssen – über die Einbeziehung anderer und höherer Einkünfte, das Versperren von Fluchtmöglichkeiten, die Austrocknung des privaten Versicherungssektors. Stattdessen erhalten die Kassen die Lizenz, die wenigen, die noch in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen stecken, immer stärker auszupressen.

    Die einzige Weichenstellung, die Schwarz-Gelb hinbekommen hat, verschärft dieses Dilemma, statt es zu lösen. Künftige Kostensteigerungen werden allein den Kassenmitgliedern aufgebürdet, ihre Zusatzbeiträge steigen ins Uferlose.

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  4. Die schwarz-gelbe Gesundheitsreform ist ein Kotau vor den Kostentreibern und ein Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmer. Anstatt die Kosten zu senken oder die Basis für die Finanzierung zu erweitern, wälzt Schwarz-Gelb alle künftigen Kostensteigerungen ganz einfach auf die Beitragszahler ab. Der Glaube an funktionierende Marktmechanismen und an den Wettbewerb im Gesundheitssystem ist ein politisches Dogma. Diese Reform ist in ihrer gesamten Absurdität aber wohl erst dann zu greifen, wenn man schaut, wer ungeschoren bleibt.

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Anmerkung: Und der Herr Rösler lacht. Es dürfen bereits jetzt Wetten angenommen werden, durch welche Pöstchen und Honorare die Wirtschaft sich bei diesem jungen Schnösel bedanken wird, wenn seine "politische Karriere" (die gewiss sehr kurz sein wird) beendet ist.

Man greift aber zu kurz, die geplante Katastrophe in erster Linie dieser Minister-Marionette anzulasten - die Strippen werden schließlich im Hintergrund gezogen, und so kann man nun vermelden: Die neoliberale Agenda wird einfach weiter "abgearbeitet" - egal, was in der Zwischenzeit auch passiert. Da mögen sich die Autoren des Tagesspiegel oder von Telepolis noch so sehr echauffieren (sie haben ja recht!) - aber es war lange angekündigt, welchen Weg die neoliberale Bande gehen wird, und sie geht ihn konsequent. Gegen jede Vernunft oder Einsicht ist ja das ganze Konzept - man darf also nicht mit wirklichen Argumenten oder gar Logik an die Sache herangehen, sondern muss sich bewusst machen: Das, was jetzt in Bezug auf diese "Reform" angeprangert wird (kurz gesagt: die weitere Verarmung breiter Bevölkerungsschichten der so genannten "Mittelschicht"), ist kein "Zufallsprodukt" und auch nicht durch Ahnungslosigkeit oder Versehen entstanden. Es ist gewollt und geplant.

Wir können allesamt sicher sein: Dieser Raubzug ist auch mit dieser Deformation des Gesundheitswesens noch lange nicht zuende. Er wird munter weitergehen - während die Konzerne eifrig ihre gestiegenen Quartalsgewinne herausposaunen.

Es ist an uns, dem ein Ende zu bereiten - die neoliberale Bande wird das gewiss nicht tun.

Montag, 19. Juli 2010

Zitat des Tages (46): Große Zeiten

Die Zeit ist viel zu groß, so groß ist sie.
Sie wächst zu rasch. Es wird ihr schlecht bekommen.
Man nimmt ihr täglich Maß und denkt beklommen:
So groß wie heute war die Zeit noch nie.

Sie wuchs. Sie wächst. Schon geht sie aus den Fugen.
Was tut der Mensch dagegen? Er ist gut.
Rings in den Wasserköpfen steigt die Flut.
Und Ebbe wird es im Gehirn der Klugen.

Der Optimistfink schlägt im Blätterwald.
Die guten Leute, die ihm Futter gaben,
sind glücklich, dass sie einen Vogel haben.
Der Zukunft werden sacht die Füße kalt.

Wer warnen will, den straft man mit Verachtung.
Die Dummheit wurde zur Epidemie.
So groß wie heute war die Zeit noch nie.
Ein Volk versinkt in geistiger Umnachtung.

(Erich Kästner [1899-1974]: Bei Durchsicht meiner Bücher. Stuttgart/Hamburg 1946)


Über den rassistischen Hintergrund des neoliberalen Zwangsarbeitskonzepts

Eine Rezension [des Buches] von Loïc Wacquant: "Bestrafen der Armen. Zur neoliberalen Regierung der sozialen Unsicherheit" (2009, 359 Seiten, Verlag Barbara Budrich) von Christian Girschner. (...)

Wacquant zertrümmert in seinem Buch die pseudowissenschaftlichen Grundlagen der Law-and-Order- und Workfare-Politik in den USA und die damit geschaffenen Mythen, die durch rechte Denkfabriken entwickelt und in der Politik und den Medien propagandistisch verbreitet wurden, und zeigt zudem auf, dass die "europäische Sozialdemokratie" gerade deswegen in die USA pilgerte und anschließend das dort besichtigte neoliberale Workfare- und Strafverfolgungsprogramm in modifizierter Form kopierte, um es dann in zahlreichen europäischen Staaten umzusetzen.

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Anmerkung: Lesenswerter als diese Rezension ist das in Rede stehende Buch - zeigt es doch eindrucksvoll auf, wie das beschönigend als "Workfare" bezeichnete Konzept der Zwangsarbeit seinen Weg aus den USA - befeuert von Roland Koch (CDU) und vielen anderen, darunter natürlich auch Gerhard Schröder (SPD) - seinen Weg nach Europa gefunden hat.

Der Faschismus blitzt zwischen allen Zeilen hervor - die Parallelen zu einer grausamen, längst vergangen geglaubten Zeit - gerade in Deutschland - sind nicht zu übersehen. - Doch so ist das mit dem Vergessen: Obwohl der Neoliberalismus in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schon einmal zum Faschismus und zur größten Katastrophe der Neuzeit geführt hat, sieht man all die Hinweise und Zaunlatten und Telegrafenmasten nicht, die da verzweifelt winken.

Was damals "Reichsarbeitsdienst" hieß, nennt man heute "Bürgerarbeit". Die Protagonisten heute tragen keine schäbigen Uniformen mehr und schreien nicht albern in Mikrofone, sie geben sich kultiviert und demokratisch, tragen meistens Schlipse, Anzüge oder Knopfleisten - aber der Ton, der dahintersteckt, ist eine gesäuberte Kopie des faschistischen Schmutzes von damals.

Kaufen oder ausleihen - und lesen!!!


Raucher-Hysterie: Wie auf Nebenschauplätzen politische Kraft gebunden wird

Armes Land der Bayern. Fast jeder vierte volljährige Bewohner des stolzen Freistaats ist gestern dem Ruf der Fit-for-Fun-Dogmatiker gefolgt und hat sich in einem Volksbegehren für die Einführung des schärfsten Anti-Raucher-Gesetzes in Deutschland entschieden. Die Diktatur des Pöbels hat wieder einmal über die Unvernunft gesiegt. In Bayern wird damit bereits in wenigen Wochen der Tabakgenuss selbst in separaten Gaststättenräumen mit geschlossenem Lüftungssystem und in kleinen Eckkneipen verboten sein. Dem gesundheitsbewussten Jogger ist es auch schwerlich zuzumuten, täglich verschwitzt an Kneipen vorbeizuhasten, in denen übergewichtige Genussmenschen beieinander sitzen und sich bei einem alkoholischen Getränk oral an Giftstängeln berauschen und der Gemütlichkeit und der Geselligkeit frönen. Mit der Sünde kommt das Verderben und das ewige Leben erreicht nur der Tugendhafte. (...)

Egal ob es sich um das Rauch- oder das Minarettverbot handelt – das Votum der Mehrheit scheint nicht unbedingt die Interessen der Minderheiten ausreichend zu respektieren. Je emotionsgeladener ein Thema ist, desto größer ist auch die Gefahr, dass interessengesteuerte Rattenfänger die Mehrheit gegen die Minderheit ausspielen. Warum stören Minarette den Schweizer? Warum stören Raucherkneipen den Bayern? Muss man alles verbieten, was subjektiv als störend empfunden wird? Wenn sich Plebiszite zu modernen Scherbengerichten entwickeln, in denen Minderheiten ihre Rechte entzogen werden, so ist dies der endgültige Sieg der Intoleranz über die Toleranz. Welcher aufgeklärte und tolerante Bürger käme schließlich auf die Idee, Dinge, die ihn stören, einfach verbieten zu wollen? (...)

Zuerst holten sie die Raucher.
Ich schwieg, denn ich rauchte ja nicht.
Dann holten sie die Fettleibigen.
Ich schwieg, denn ich war ja schlank.
Dann holten sie die Trinker.
Ich schwieg, denn ich trank ja nicht.
Dann holten sie mich …
nur da war niemand mehr da, der protestieren konnte.


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Anmerkung: Man kann zum Thema Rauchen stehen, wie man will - es ist ein perfektes Beispiel dafür, wie politische Kraft auf reichlich albernen Nebenschauplätzen gebunden wird, während sie auf den wirklichen Baustellen - die unsere Zukunft nämlich wirklich massiv bedrohen - fehlt.

Wieso gibt es keine Initiativen und Volksbegehren zu den viel dringlicheren Problemen und Fragen unserer Zeit, wie z.B. der Regulierung der Finanzmärkte, der Zerstörung des Sozialstaates, der immer weiter fortschreitenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche, die mit einer immer weiter zunehmenden Ausbeutung der Natur und der Menschen einhergeht? Wieso schreit niemand laut "Nein", wenn Meldungen wie die aus dem letzten Posting lapidar veröffentlicht werden oder einer der vielen, vielen anderen Hinweise auf den immer deutlicher sichtbar werdenden Zerfall der Gesellschaft?

Das ist rational nicht erklärbar - und wieder einmal muss man eine Verschwörungstheorie bemühen, um diese offensichtliche Diskrepanz zwischen dem Engagement für eine Sache und dem wirklichen Nutzen für die Bürger (für alle Bürger!) irgendwie sichtbar zu machen. - Dazu reicht es aus, sich vor Augen zu führen, dass beispielsweise diese vollkommen überzogene Anti-Raucher-Hysterie aus neokonservativen Kreisen aus den USA nach Europa geschwappt ist und ebenso wie die neoliberale Ideologie ihre weiten Kreise gezogen hat. Welche Interessen diese Leute vertreten, beweisen sie doch tagtäglich wieder aufs Neue - es sind ihre eigenen, und gewiss nicht die der Völker, ganz sicher nicht die der Gesundheit der Menschen oder die der Natur.

Rauchen schadet der Gesundheit - aber Autofahren tut das auch, riesige Ölteppiche im Ozean erst recht, und radioaktive Abfälle noch viel mehr! Doch wo werden die politischen Kräfte gebunden? Genau dort, wo nicht die Freiheit der Konzerne, sondern die Freiheit der Menschen beschnitten werden kann. - Welch ein unglaublicher, seltsamer Zufall ...

"Rente mit 67" gilt nicht für Millionäre

  1. Deutschland diskutiert über die Rente mit 67 Jahren. Vorstände hören dagegen oft mit 60 Jahren auf. Beim Energieversorger RWE betrifft das in nächster Zeit vier von sechs Vorstandsmitgliedern.

    (...) Für Otto Normalverbraucher schiebt die Regierung die gesetzliche Altersgrenze von 2012 an Jahr für Jahr um einen Monat auf 67 Jahre hinaus. (...) / Ganz anders sieht die Entwicklung in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft aus. Vorstände werden immer früher in den Ruhestand geschickt. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Booz & Company ist das Durchschnittsalter freiwillig oder unfreiwillig ausscheidender Vorstandsvorsitzender von knapp 59 Jahren im Jahr 2003 auf knapp 56 Jahre im vergangenen Jahr gesunken.

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  2. Ein DAX-Konzern zahlte im vergangenen Jahr durchschnittlich 7 Millonen Euro Rente an ehemalige Vorstandsmitglieder. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die die Hans-Böckler-Stiftung am Donnerstag (08.07.10) in Düsseldorf vorgestellt hat. Das sei rund die Hälfte dessen, was aktive DAX-Vorstände für ihre Arbeit erhalten.

    Von Unternehmen zu Unternehmen sei der Umfang der Altersbezüge jedoch stark verschieden, so die Stiftung. Sie lägen zwischen einer Million bei SAP und gut 24 Millionen Euro bei Thyssen-Krupp. Jeder zweite Vorstand erhält Rente ab 60.

    (Quelle)


Anmerkung: Und wer wundert sich darüber? Die Damen und vor allem Herren, die sich selbst gern zur "Elite" zählen, haben ja auch sehr hart für ihre Millionen "gearbeitet" ... da wird doch wohl kein kleiner Angestellter auf die absurde Idee kommen, dass diese Frühverrentungen und Millionenbezüge irgendwie anstößig seien, oder? Schließlich müssen die Damen und Herren Millionäre ja noch genug Zeit haben, um ihre Beute zu genießen, die verbleibenden Jahre bzw. Jahrzehnte in Villen und auf Jachten zu verbringen, während der große Rest ihres Geldes "arbeitet", um auch dem Nachwuchs der Sippe ein sorgenfreies Luxusleben zu ermöglichen.

Ja, wahrlich, wir leben im "besten aller möglichen Systeme" - auch wenn es kleine Schwächen hat. - Leuten, die immer noch so denken, ist bald nicht mehr zu helfen. - Und die FAZ ist sich nicht zu blöde, die Altersangabe im Subtitel mit 60 Jahren auch noch falsch - nämlich um vier Jahre zu hoch - anzusetzen, wie im nachfolgenden Text deutlich wird. Wieso schauen die Menschen diesen Schlipsträgern einfach nur zu, während sie sich immer schamloser auf unsere Kosten bereichern, anstatt in die Offensive zu gehen?