Samstag, 19. Dezember 2015

Zentrum für verfolgte Künste: Gegen das Vergessen?


Es hat tatsächlich satte 70 Jahre gedauert. Erst vor einigen Tagen - im Jahr 2015 - hat in Deutschland das erste und bislang natürlich einzige "Zentrum für verfolgte Künste" auch offiziell eröffnet, das - im Rahmen des Kunstmuseums Solingen - einige der noch erhaltenen Werke der von den Nazis verfolgten und verbotenen Künstlern zeigt. Das Museum sammelt zwar schon länger Gemälde, Grafiken, Zeichnungen, Plastiken und auch Literatur aus dieser bösen Zeit, hat aber erst jüngst das öffentlich geförderte und damit endlich auch staatlich anerkannte "Zentrum" gründen können.

Wie immer in Deutschland geschieht das aber halb- oder eher sechzehntelherzig und kommt zudem um viele, viele Jahrzehnte zu spät. Wer kennt heute die Künstler und Literaten (nicht zu vergessen: die Musiker und Komponisten) noch, die damals geächtet, verboten, verfolgt, vertrieben oder ermordet wurden? Die Nazis und die schweigende "freiheitlich-demokratische" Nachwelt haben hier ganze Arbeit geleistet - daran kann auch kein provinzielles Museum im Jahr 2015 trotz allen Engagements etwas ändern. Nach 70 Jahren bleibt Vergessenes zwangsläufig vergessen.

Es ist symptomatisch für diese zerfallende Zeit des einmal mehr zur Katastrophe drängenden Kapitalismus, dass solche Projekte heute in einem Rahmen "gefördert" werden, der möglichst wenig Aufsehen erregt und höchstens in interessierten Fachkreisen sowie lokal zur Kenntnis genommen wird. Wäre es den politisch Verantwortlichen tatsächlich ernst, fände dieses Projekt - in weitaus größerem Umfang - in Hamburg, Köln oder Berlin statt und würde nicht bloß durch einen Portokassenbetrag "einmalig" finanziell unterstützt. So aber verkommt das eigentlich so wichtige und längst überfällige "Zentrum für verfolgte Künste" einmal mehr zu einem bloßen politischen Feigenblatt, mit dem sich die Verantwortlichen hübsch schmücken können, ohne tatsächlich etwas Sinnvolles getan zu haben.

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Sieg der Gerechtigkeit (Untergang des Unsterns Hitler)



(Gemälde von Oscar Zügel [1892-1968] aus den Jahren 1933-36, Öl auf Leinwand, Oscar Zügel Archiv, Balingen)

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Song des Tages: Ice




(Camel: "Ice", aus dem Album "I Can See Your House From Here", 1979)


Mittwoch, 16. Dezember 2015

Rettungsmission: Mehr Überwachung


Es ist ein alter Hut, dass die technische Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten mit Siebenmeilenstiefeln vorangeschritten ist und diese Geschwindigkeit auch weiterhin beibehält. Dadurch wurden den Menschen manche begrüßenswerte, sehr viele lächerliche und nicht wenige äußerst gefährliche Neuerungen beschert, die klar belegen, dass es alles andere als wünschenswert ist, dieser Entwicklung tatenlos zuzusehen und sie einfach geschehen zu lassen.

Bei n-tv habe ich letzte Woche einen kleinen Bericht gefunden, der mich einmal mehr an die gruselige Orwell-Welt von "1984" erinnert hat. Dort war zu lesen:

Kamera kann um die Ecke schauen / (...) In Kombination mit einem Laserstrahl ist es einer neuen Kamera möglich, die Bewegung verborgener Objekte darzustellen - eine Weltneuheit.

Konkret geht es darum, dass diese Kamera - auch wenn die Entwicklung noch nicht ausgereift ist - nicht nur Bewegungen aufzeichnen kann, die außerhalb des eigentlichen Sichtfeldes stattfinden, sondern tatsächlich auch nutzbare Bilder davon liefern soll, die Aufschluss darüber geben, wer oder was sich in welcher Weise dort bewegt. Das ist in der Tat ein Meilenstein für den sich manifestierenden Totalüberwachungsstaat, der sich gewaschen hat. Die Entwickler äußern sich dazu natürlich extrem beschönigend (was mich an Einsteins Brief an Präsident Roosevelt erinnert, in dem er diesem zur Entwicklung der Atombombe geraten hat):

Das System könnte beispielsweise bei der Überwachung, bei Rettungsmissionen oder zur Vermeidung von Unfällen eingesetzt werden.

Gewiss, Rettungsmissionen ... - man darf sich auch heute wieder gerne dreimal überlegen, für welche Alternative sich die kapitalistische Terrorbande in ihrem grenzenlosen, menschenfeindlichen Überwachungswahn entscheiden wird, wenn dieses System einsatzbereit ist.

Nun lässt sich die technische Entwicklung freilich nicht aufhalten. Umso dringlicher wird es, die Bürger- und Menschenrechte sowie die Privatsphäre vor derlei Orwell'schen Übergriffen umfassend zu schützen und den unbedingten Datenschutz zu festigen. Ich habe allerdings keine Ahnung, wie das funktionieren soll - mit dem derzeitigen politischen Personal der neoliberalen Einheitspartei ist da selbstverständlich nichts zu machen, da es gegenteilige Ziele verfolgt.

Ich mag mir nicht ausmalen, was die widerliche Nazibande vor 80 Jahren noch alles angestellt hätte, wenn sie über die heutigen technischen Möglichkeiten verfügt hätte. Ebenso will ich mir nicht vorstellen, was aus der heutigen lächerlichen Demokratiesimulation in einigen Jahrzehnten geworden sein mag, wenn die Überwachungstechnik zur Perfektion gelangt ist. Die Rettungsmission "Menschheit und Planet Erde" besitzt keine Auftraggeber, keine Koordination, keine Mehrheit und erst recht keinerlei Aussicht auf Erfolg.

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Polnische Aufständige im Wald bei Nacht



(Aquarell von Aleksander Orłowski [1777-1832], entstanden zwischen 1811 und 1820, Tretjakow-Galerie, Moskau, Russland)

Dienstag, 15. Dezember 2015

Brüller des Tages: Der Vereinspräsident


Anja Reschke, Journalistin und Moderatorin vom NDR, hat auf Twitter ein freundliches Schreiben veröffentlicht, das sie am vergangenen Montag per Post erhalten hat. Ob die Redaktion der Titanic, ein verwirrter Pegida-Kasper oder doch bloß die CSU dahintersteckt, ist leider nicht bekannt.

Ich finde, dass diesem ehrenwerten "Vereinspäsidenten" und "ersten Generalsekretär" eine seriöse Möglichkeit geboten werden sollte, seine fundierten Argumente im Rahmen der Meinungsfreiheit zu verbreiten. Daher dokumentiere ich den Schriftsatz hier ebenfalls.


Montag, 14. Dezember 2015

Realitätsflucht (27): Homesick


Anlässlich des am Sonntag von den Propagandamedien gefeierten "Klimaabkommens", das aufgrund seiner Absurdität hier nicht weiter kommentiert werden soll (der Kollege flatter hat ein paar passende Worte dazu gefunden), widme ich mich auf meiner heutigen Realitätsflucht dem kleinen Spiel "Homesick" aus dem Hause der US-amerikanischen Independent-Entwickler Lucky Pause aus dem Jahr 2015.



Es handelt sich um ein kleines Endzeit-Adventure, das im wesentlichen von einem einzigen Entwickler - einem Herrn namens Marrett Meeker - in jahrelanger Arbeit allein geschaffen wurde. Zur Geschichte will ich gar nicht so viel schreiben (der unten verlinkte Trailer spoilert schon genug) - daher nur so viel: Die Spielfigur erwacht in einer halb zerfallenen Wohnung, die sich in einer offensichtlich riesigen Hochhausruine befindet - von Anfang an ist es offensichtlich, dass offenbar irgendeine Katastrophe stattgefunden hat. Im Spiel geht es nun darum, dieser Katastrophe auf die Spur zu kommen, was sich allerdings nicht ganz so einfach gestaltet, wie es sich hier liest. Man wird mit allerlei kleinen und größeren Rätseln konfrontiert, die es zu lösen gilt. Dabei wird man vom Spiel völlig allein gelassen, denn es gibt weder eine Karte, noch ein Inventar und erst recht keine Hinweise oder Quests.

Der allergrößte Pluspunkt dieses Werkes ist aus meiner Sicht ganz eindeutig die äußerst stimmige, stets beklemmende (aber niemals wirklich bedrohliche) Atmosphäre. Das fängt bei der fantastischen Grafik (die im Video nicht wirklich wiedergegeben wird) an und hört bei der großartigen Musik, die lediglich aus melancholischen Klavierklängen, gelegentlich verstärkt durch ein Cello, besteht, noch lange nicht auf. Selbst die Texte, die man im Spiel zuhauf findet, muss man sich hart "erarbeiten", denn anfangs versteht man sie gar nicht, sondern muss die fremde, kryptische Sprache erst ziemlich mühsam entschlüsseln, um nachvollziehen zu können, was geschehen ist.

Es ist ein äußerst ruhiges, gemächliches Spiel, in dem es keine Kämpfe, keine Action, keine großen dramaturgischen Bögen gibt - dafür aber ein solches Übermaß an dichter Atmosphäre, dass es mich viele Stunden länger beschäftigt hat, als zur Lösung eigentlich erforderlich gewesen wären. Und natürlich ist es auch ein bedrückendes Spiel, denn die Geschichte, die sich allmählich entblättert, ist alles andere als hoffnungsfroh. Das Merkel-Monster und die übrigen korrupten Pfeifen der politischen "Elite" haben es jedenfalls ganz gewiss nicht gespielt.

Das größte Manko dieses Spieles bleibt die Kürze: Nach wenigen Stunden ist der Ausflug in die Endzeit leider schon vorbei - und bietet dabei ein dermaßen seltsames, frei interpretierbares Ende, das Puristen hassen und Expressionisten lieben werden.

Auf meinem Win7/64-System gab's keinerlei Probleme. Leider ist das Spiel angesichts seines geringen Umfangs recht teuer - momentan ist es für 15 Euro bei Steam zu haben. Für die jahrelange, wenn auch durch "Crowdsourcing" finanzierte Arbeit des Entwicklers ist das allerdings alles andere als zuviel. Solche Kleinode, die es im Genre der Computerspiele so überaus selten gibt und die man getrost als eine neue Kunstform betrachten kann, sollten nach Kräften unterstützt werden.

Fazit: "Homesick" ist ein großartiges Werk, das von vorne bis hinten absolut stimmig ist und zur Pflichtaufgabe für alle SchülerInnen an den Lerninstitutionen des "freien Westens" werden sollte.