Er hat es schon wieder getan. Diesmal allerdings ist der Schwurbelmeister Lapuente über seinen eigenen Gnom hinausgewachsen und hat beim Spiegelfechter einen reformistischen, an Dummheit kaum zu überbietenden Text veröffentlicht, den man unbedingt gelesen haben sollte, auch wenn das geneigte Gehirn schon nach wenigen Zeilen beginnt zu schmerzen und um Gnade zu flehen, da man hier eindrücklich nachvollziehen kann, wie "Realpolitik" aus asozialer, scheindemokratischer Sicht auszusehen habe.
Allein der Begriff "Realpolitik" schreit schon so schrill vor lauter Stumpfsinn, dass der inhaltliche Blödsinn dieses Textes offenbar gar nicht mehr wahrgenommen wird, wenn man sich in einem derartig absurden Paralleluniversum aufhält wie das in SPD- und sämtlichen anderen kapitalistischen Kreisen - keineswegs nur in der Politik - üblich ist. Die sprachliche Entsprechung dieses Unwortes ist demnach die "Fiktionalpolitik", und diese wird laut Lapuente - im harmonischen Einklang mit den Systemmedien und der Neoliberalen Einheitspartei (NED) - von all jenen "Weltfremden" bzw. "Radikalen" angestrebt, die es tatsächlich wagen, den Heiligen Kapitalismus in Frage zu stellen. Welch ein Sakrileg! - Einer solchen geistigen Umnachtung muss man sich argumentativ nicht stellen - das käme dem Versuch gleich, mit einem Torfklumpen diskutieren zu wollen.
Ich will auf einzelne Aspekte dieser unsäglichen Gehirnkotze gar nicht eingehen, da sie sich ganz von selbst als konzentrierte, propagandistische Gülle erweist, sobald man beim Lesen auch nur das Rückenmark in den Denkprozess einbindet. Bemerkenswert ist hier aber, dass der lernunwillige, offenkundig völlig ahnungslose Autor allen Ernstes einen neuen "Radikalenerlass" für die Linkspartei [sic!] fordert, mit dessen Hilfe "Radikale" aus der Partei besser zu entfernen seien. So etwas zu formulieren, ist nicht nur demokratiefeindlich und geradezu faschistoid, sondern auch vollkommen grotesk angesichts einer Partei, die längst im "Parteienspektrum" des Kapitalismus angekommen ist und sich "realpolitisch" - also in koalitionärer "Regierungsverantwortung" - bislang stets stramm systemkonform verhalten hat, ohne auch nur den Schatten irgendeiner linken, progressiven, menschenfreundlichen Politik erkennen zu lassen.
Dem Manne ist nicht mehr zu helfen - der schmisse sich, wenn es ihm jemand anböte, gewiss auch in einen Seidenanzug samt Würgeschlips und verhandelte mit den widerlichen Menschenfeinden aus der CDU oder von den Olivgrünen über die Höhe des zukünftigen "Mindestlohnes". Mit solch debilen Gestalten waren und sind keine systemischen, nachhaltigen, wirksamen Veränderungen möglich - und sie sind vor allem eines nicht: links.
Radikal ist heute wie damals in erster und mit großem, uneinholbarem Abstand bedeutendster Linie der Kapitalismus: Kriege, Hunger, Armut, konsequente Zerstörung des Planeten, korrupte Pseudodemokratien überall, Überwachung, staatlich organisierte Ermordungen von "Verdächtigen" und so vieles, vieles mehr sprechen eine beredte Sprache, die Leute wie Lapuente aber offensichtlich nicht verstehen wollen oder können. Diese Menschheit lernt nicht, sie wiederholt nur stets dasselbe in leicht modifizierten Varianten.
Gleichzeitig wird hier das alberne Gefasel von den "Spaltungstendenzen" der Linken, die, wie Systemgläubige nicht müde werden zu betonen, selbstverständlich stets von den "Radikalen" ausgingen, sehr deutlich als propagandistisches Dummgeschwätz offenbart. Dabei "spaltet" Lapuente die Linke nicht einmal, sondern macht lediglich offenkundig, dass es schlichtweg keine grundlegenden Gemeinsamkeiten von Systemerhaltern und Systembekämpfern geben kann - was allerdings auch ohne den Schwurbelautor sehr leicht gedanklich nachzuvollziehen ist. Wer nicht links ist, kann auch nichts zur "Spaltung der Linken" beitragen - selbst wenn dabei einmal mehr ein peinliches linkes Tarnmäntelchen getragen wird.
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Die Blutsauger
"Alles geht vorzüglich. Sogar die Parteiunterschiede verschwinden mehr und mehr."
(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 49 vom 02.03.1925)