Donnerstag, 10. März 2011

Zitat des Tages: Guttenberg und das "System Merkel"



Anmerkung: Ein fantastischer Kommentar, der klarer und deutlicher kaum sein könnte. Unbedingt anhören! - Gleichzeitig sei auf die schon jetzt vorbereitete Rückkehr des Lügenbarons in die Politik hingewiesen - diese "Pomadenmischung" (Urban Priol) sind wir noch lange nicht los. Betrüger und Blender haben Konjunktur in Deutschland - natürlich auch und gerade in der Politik.

Zur Absurdität des Geldsystems, Beispiel 947: "Schäuble will Schulden beschleunigt abbauen"

Der Finanzminister will den Haushalt schneller sanieren als geplant. Gekürzt werden soll bei Gesundheit und im Sozialen. (...)

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den Haushalt dank des anhaltenden Konjunkturbooms deutlich schneller sanieren als bisher geplant. Bis zum Jahr 2015 soll die Neuverschuldung des Bundes auf 12,8 Milliarden Euro gedrückt werden, wie aus der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes hervorgeht.

(Weiterlesen auf eigene Gefahr)

Anmerkung: Und wieder einmal stellen wir fest, dass es nicht nur massenhaft vernebelte Politikerhirne, sondern ebensoviele Journalistenhirne gibt, die anscheinend selber nicht verstehen, was sie da absondern. Wenn die Zeit hier von einer "Haushaltssanierung" schwadroniert und damit die Wortwahl aus den Politkreisen übernimmt, selbst aber darüber berichtet, dass Schäuble natürlich nur eine Verringerung der jährlich neu stattfindenden Neuverschuldung des Staates plant (die zudem in der angegebenen Höhe in keinem Fall möglich sein wird), ist das nicht mehr als Information, sondern als dummdreiste, üble Propaganda zu werten.

Wir fassen mal zusammen: Die Zeit berichtet, Schäuble plane, die Neuverschuldung des Bundes solle bis zum Jahr 2015 auf 12,8 Milliarden gedrückt werden. Weitere Zahlen bleibt sie schuldig - es werden lediglich weitere geplante Gesamtausgaben und die Gesamtausgaben einiger Ressorts genannt - wieviel von diesen Ausgaben nun durch eine Neuverschuldung finanziert werden soll/muss, bleibt im Dunklen.

Was Schäuble da plant, haben nahezu alle Finanzminister vor ihm ebenfalls geplant und groß angekündigt, und kein einziger hat dieses Ziel erreichen können - in all den vielen Jahren des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland ist die Neuverschuldung stetig angewachsen. Das ist keineswegs ein Zufall, sondern systemimmanent. Es ist im Rahmen dieses Geldsystems überhaupt nicht möglich und erst recht nicht gewollt, dass der Staat Schulden tatsächlich abbaut oder gar keine mehr aufnimmt. Um mich nicht ständig zu wiederholen, sei an dieser Stelle auf diesen Beitrag zum Geldsystem hingewiesen.

Trotzdem ist sich die Zeit nicht zu blöde, dem hanebüchenen Text den absurden Titel "Schäuble will Schulden beschleunigt abbauen" zu verpassen. Dies will Schäuble nicht, dies kann Schäuble nicht, und dies wird auch kein anderer Minister im Rahmen des bestehenden Systems jemals können. Um das Beispiel Volker Pispers' zu bemühen: Die Zeitung behauptet im Titel, Reiner Calmund wolle "beschleunigt abnehmen" - und beschreibt im Text in windigen Formulierungen, dass er in Wahrheit in den nächsten Jahren erst einmal kräftig weiter zunehmen wolle wie gewohnt, um dann plötzlich im Jahre 2015 nur noch die Hälfte an Gewicht zuzulegen. Pispers nennt das "gaga" - dem ist nichts hinzuzufügen.

Was wir aus diesen Planungen und fragmentarischen Zahlen aber deutlich ablesen können, ist dies: Obwohl "Deutschland" immer reicher wird ("anhaltender Konjunkturboom"), hat der Staat immer weniger Geld und muss "sparen". Und das geht natürlich getreu dem neoliberalen Credo vornehmlich am besten in den Bereichen Soziales und Gesundheit, wo auch sonst. Die Zeit verschweigt allerdings die Gründe und Hintergründe: Zum Einen ist es nicht verwunderlich, dass der Staat weniger Geld zur Verfügung hat, wenn er die Steuern für Reiche ständig senkt oder ganz abschafft, während die Bevölkerung verarmt wird und dem entsprechend auch weniger Steuern zahlt; zum Anderen sind es natürlich die ständig wachsenden Zinszahlungen, die der Staat den "privaten Geldgebern" zahlen muss, die das Budget immer weiter verkleinern. Besonders perfide wird das, wenn man bedenkt (siehe obiger Link), dass dem Staat stets nur virtuelles Geld geliehen wird, das es eigentlich gar nicht gibt (weswegen es auch nie zurückgezahlt werden muss), während die Zinsen, die der Staat aus real eingenommenen Geldern zahlen muss, exponentiell steigen. Deshalb wird der zu verteilende Kuchen rapide immer kleiner, während der Reichtum der "Elite" ins Unermessliche wächst.

Der Kollaps dieses Systems ist nicht nur abseh-, sondern unvermeidbar.

Darüber informiert die Zeit (die hier nur stellvertretend für sämtliche Massenmedien dieses Landes steht) jedoch nicht, sondern ergeht sich in nebulösen Wahnideen wie dieser: "Schäuble kann seinen Haushalt schneller sanieren, weil sich die Wachstumsaussichten der deutschen Wirtschaft seit dem vergangenen Jahr grundlegend verbessert haben. Der Aufschwung schafft mehr neue Arbeitsplätze als erwartet, die Unternehmen verdienen besser." Die Zeitung könnte genauso gut schreiben: "Da die Erde eine Scheibe ist, wird sie von der Sonne weniger stark angezogen als ein kugelförmiger Planet wie der Mars. Deshalb wird das Klima kühler und die Unternehmen bauen goldene Paläste, während die Bevölkerungen über den Rand ins Nichts fallen." - Der Informationswert beider Passagen ist derselbe.

Sanieren müssen wir - neben dem Geldsystem - vor allem die Qualität des Journalismus, sonst ist jede Hoffnung obsolet.

Mittwoch, 9. März 2011

Zitat des Tages: Der Graben

Mutter, wozu hast du deinen aufgezogen?
Hast dich zwanzig Jahr' mit ihm gequält?
Wozu ist er dir in deinen Arm geflogen,
und du hast ihm leise was erzählt?
Bis sie ihn dir weggenommen haben.
Für den Graben, Mutter, für den Graben.

Junge, kannst du noch an Vater denken?
Vater nahm dich oft auf seinen Arm.
Und er wollt' dir einen Groschen schenken,
und er spielte mit dir Räuber und Gendarm.
Bis sie ihn dir weggenommen haben.
Für den Graben, Junge, für den Graben.

Drüben die französischen Genossen
lagen dicht bei Englands Arbeitsmann.
Alle haben sie ihr Blut vergossen,
und zerschossen ruht heut' Mann bei Mann.
Alte Leute, Männer, mancher Knabe
in dem einen großen Massengrabe.

Seid nicht stolz auf Orden und Geklunker!
Seid nicht stolz auf Narben und die Zeit!
In die Gräben schickten euch die Junker,
Staatswahn und der Fabrikantenneid.
Ihr wart gut genug zum Fraß für Raben,
für das Grab, Kameraden, für den Graben!

Werft die Fahnen fort!
Die Militärkapellen spielen auf zu euerm Todestanz.
Seid ihr hin: ein Kranz von Immortellen -
das ist dann der Dank des Vaterlands.

Denkt an Todesröcheln und Gestöhne.
Drüben stehen Väter, Mütter, Söhne,
schuften schwer, wie ihr, ums bisschen Leben.
Wollt ihr denen nicht die Hände geben?
Reicht die Bruderhand als schönste aller Gaben
übern Graben, Leute, übern Graben!

(Kurt Tucholsky alias Theobald Tiger [1890-1935], in Das andere Deutschland, 1926)



Volker Pispers: "Bis neulich 2010"

Lohndumping im Journalismus

(...) Seit September laufen die Gespräche, nachdem die Journalistengewerkschaften den Gehaltstarifvertrag zum 31. Juli 2010 gekündigt haben. Aufgeheizt ist die Stimmung, seitdem die Arbeitgeber im Dezember ihre Pläne vorstellten: Im Kern geht es darum, dass sie die Einstiegsgehälter für Volontäre senken wollen - um mindestens 25 Prozent. Bislang verdienen Volontäre laut Tarif knapp 1.800 Euro im ersten und rund 2.000 Euro im zweiten Berufsjahr. Einbußen in vergleichbarem Ausmaß drohen allen Redakteuren, die bei einem Verlagswechsel neu eingestellt oder auch nur innerhalb eines Medienhauses in eine andere Firma verschoben werden. Wie alt oder wie gut qualifiziert sie sind, spielte künftig keine Rolle. Die Folge wäre eine zunehmende Erstarrung der Redaktionen, denn niemand würde dann noch freiwillig den Verlag wechseln.

(...) Untertarifliche Gehälter für neu eingestellte Redakteure sind bei solchen Verlagen bereits die Regel. Besonders absurd mutet es an, dass es legal ist, Journalisten als Leiharbeitskräfte zu beschäftigen, obwohl sie Dauerarbeitsplätze besetzen. Möglich ist das, weil es für den Einsatz eines Leiharbeitnehmers auf einem Arbeitsplatz keine zeitliche Begrenzung mehr gibt. Rot-Grün schaffte sie 2003 ab.

(Weiterlesen)

Anmerkung: Es herrscht überall derselbe Ungeist - natürlich auch im profitorientierten Verlagswesen. Wieso organisiert man nicht gleich auch alle Verbraucher- und Naturschutzorganisationen sowie alle Behörden nach kapitalistischen Grundsätzen? Es geht doch immer und überall nur um Geld - und zwar um das sich vermehrende Geld der "Elite".

Am besten machen wir alle Angestellten im ganzen Land zu "Leiharbeitern" - dann wird die Profitgier der Reichen eine (kleine) Weile ausreichend gestillt sein. Aber dabei darf es danach selbstverständlich nicht bleiben, die "Flexibilisierung" muss weitergehen! Wozu brauchen diese Leute denn einen Lohn? Sie sollen gut arbeiten - wohnen können sie im Zelt und essen können sie das, was von den Tischen der Reichen übrig bleibt. Wer arbeitslos oder krank wird, kann auswandern oder sterben gehen, Überflüssige braucht und will der Kapitalismus nicht.

Wird allmählich auch dem Letzten klar, wohin die neoliberale Horrorreise geht? Viele Journalisten dürften diese Erkenntnis schon länger besitzen - dürfen sie nur leider nicht publizieren. Und sie werden es sich angesichts der aktuellen Entwicklungen zukünftig dreimal öfter überlegen, ob sie einen wirklich kritischen Text zur Freigabe vorlegen oder doch lieber an das Überleben der eigenen Familie denken.

Wer angesichts dieser Zustände weiterhin von einer "freien Presse" redet, dem ist nicht mehr zu helfen. Die wenigen noch existierenden, nicht konzerngebundenen Blätter lassen sich an einer Hand abzählen und haben an der "publizistischen Front" kaum eine Bedeutung. Und jetzt wird die Daumenschraube für die Geknechteten mal etwas kräftiger angezogen, und wir dürfen uns auf weiter zunehmende wohlwollende neoliberale Propagandatexte in den Zeitungen und Zeitschriften freuen. Hurra, wir leben in "Freiheit und Demokratie".

Die privatisierte Klinik: Weniger für Patienten, mehr für Aktionäre

(...) Inzwischen macht das Universitätsklinikum Marburg-Gießen Gewinne; 2009 stieg der Umsatz um ein Zehntel, der Gewinn wurde gar verdoppelt.

(...) Was ist also das Geheimnis der privaten Gewinne? Es ist die Orientierung weg von der Nachfrage und weg von den Bedürfnissen der Patienten hin zum gewinnbringenden Angebot. Nur die Bereiche werden weiter ausgebaut, in denen die Bezahlung stimmt. Wo kein Geld verdient werden kann, wird nicht mehr investiert.

(...) Die Klagen der Patienten in Marburg und Gießen nehmen stetig zu. Noch gibt es dort aber Ärztinnen und Ärzte, die für ihre Patienten an die Öffentlichkeit treten und schlechte medizinische Versorgung anprangern. Diese haben jetzt Post von einer großen Münchener Wirtschaftskanzlei erhalten (im Briefkopf auch ein gewisser Rezzo Schlauch!), in denen die Unterlassung von Vorwürfen gegen die Rhön Klinikum AG verlangt wird, bei Androhung einer Schadensersatzforderung von 100.000 Euro.

(Weiterlesen)

Anmerkung: Der Privatisierungswahn geht ungebrochen weiter. Gerade im Bereich der Gesundheitsversorgung wird die völlige Pervertierung des Systems durch diese Kommerzialisierung aller Lebensbereiche überdeutlich: Was haben Wettbewerb und Profitinteressen bitte in Arztpraxen und Kliniken verloren? Wie hirnlos muss man sein, um das offensichtlich Groteske nicht als solches zu erkennen? Wann klopft diesen hohlköpfigen Aktenkofferträgern endlich mal wieder jemand auf die Schulter und erinnert sie freundlich daran, dass Geld nicht das Wichtigste auf dieser Welt ist? Nicht nur Herr Rösler von der Lobbyvereinigung FDP würde angesichts dieses Hinweises sicher genauso intelligent dreinblicken wie ein Kamel beim Geschlechtsakt.

Und dass wieder einmal ein ehemaliger grüner Politiker bei diesem schmierigen und sicher sehr einträglichen Sumpfgerangel eines Konzerns mitmacht, verwundert nicht einmal mehr den sprichwörtlichen schlafenden Hund hinterm Ofen.

Es gibt nur eine Gruppe von Menschen, die aufgrund dieser Entwicklungen die Sektkorken knallen lässt - und das sind weder die Patienten, noch die in privatisierten Kliniken Beschäftigten, sondern die immer reicher werdenden Aktionäre (also die Superreichen), die in diesem System immer schön anonym im Hntergrund bleiben. Die sind schließlich allesamt privat krankenversichert und werden sich im Zweifelsfalle eben zusätzliche medizinische Leistungen aus ihrer Portokasse finanzieren, falls sie erkranken. Für das gemeine Volk muss der kommerzialisierte Dreck, der dennoch stetig teurer wird (der Gewinn muss schließlich stimmen), reichen.

Aber die neoliberale Bande hat ja nur unser Wohl im Sinn ... das ist die einzige Motivation, die ihr Handeln beherrscht. Nicht wahr, Herr Schlauch?