Ich weiß nicht, wie es anderen Menschen ergeht, aber mich überkommt beim Lesen so mancher Nachricht aus unserer schauderhaften Horrorwelt nicht mehr nur ein Brechreiz, sondern ein unbändiger Zorn, den ich kaum kontrollieren kann. Vorgestern war das wieder einmal der Fall, als ich bei n-tv die schrille Meldung fand:
Ärzte zeigten der CIA, wie es "richtig" geht / Wie weit kann man gehen? Diese Frage haben Mediziner den Folterknechten des US-Geheimdienstes CIA in einer Richtlinie beantwortet.
Es geht hier um ärztliche Anweisungen, wie eine "freiheitlich-demokratische", "humane" Folterung von Menschen, die aus irgendwelchen Gründen irgendeinem - im Zweifel willkürlichen - Verdacht ausgesetzt sind, im "Land of the Free" abzulaufen hat. Die brutalen Schergen des "engsten Verbündeten Deutschlands" werden hier also von Ärzten [sic!] angeleitet, wie Folterungen durchzuführen seien - und zwar bis in kleinste Details hinein:
Ärzte, die dem sogenannten Office of Medical Staff (OMS) des CIA zugeordnet waren, empfahlen in den Richtlinien unter anderem, Häftlinge auf Hungerstreik rektal statt intravenös zwangszuernähren. Sie legten dar, dass zwar 1500 Kalorien am Tag für einen erwachsenen Mann die empfohlene Menge darstellten, dass aber auch 1000 Kalorien am Tag über Wochen hinaus ausreichen würden.
Wer das komplett nachlesen möchte, kann das hier tun (Vorsicht: Link geht zur Webseite der CIA).
Unseren amerikanischen Freunden ist der Humanismus eben sehr wichtig - jenseits des Atlantiks kümmern sich sogar Ärzte, die allesamt den hippokratischen Eid geschworen haben, um die menschenfreundliche Begleitung von zu folternden Verdächtigen. Möglicherweise hilft diesen Folteropfern die "Behandlung" durch die CIA ja sogar bei der Genesung und der Abkehr von ihrem Irrweg, der sie zu Verdächtigen hat werden lassen? Folter muss in den USA wohl als anerkannte medizinische Therapie gelten, wenn diese Ärzte sich nicht des Meineides schuldig machen möchten; und ein Verdacht ist dort offenbar gleichzusetzen mit einem Urteil: im Zweifel für die Folter.
Wir dürfen nun dreimal raten, wie die schmierige deutsche Politmischpoke der korrupten Einheitspartei auf diese Nachricht reagiert hat. - Richtig: Russland ist schuld, und nun folgt das Wetter und dann der obligatorische Krimi. - Und morgen wird zurückgeschossen.
Manchmal reicht es nicht mehr aus, einfach nur laut zu schreien. Manchmal müsste man sich die Pulsadern aufschneiden, wenn man halbwegs angemessen auf den Irrsinn reagieren möchte.
Der Begriff "Cyber" wird momentan wieder einmal inflationär - und meist von möglichst inkompetenten Personen - benutzt. Beispielsweise arbeitet Stahlhelm-Uschi eifrig am Aufbau einer "Cyberarmee", welche die "digitale Sicherheit Deutschlands" sicherstellen und im Bedarfsfalle auch "digitale Angriffe" ausführen soll. Jedem halbwegs mit der Materie vertrauten Menschen ist ohnehin klar, dass es sich hier um ein Nebelkerzenfeuerwerk handelt, in dem es vornehmlich um Pöstchen, Machtgerangel, Budgets und Theaterdonner für die mediale Aufbereitung handelt. Die glorreiche "Cyberarmee" der Bundeswehr stürzt schon jetzt ganze Bataillone von fiesen Hackerterroristen in pure Angstschweißbäder, in denen sie reihenweise ertrinken.
Kompetenz, Exzellenz und Effizienz sind schließlich einige der wichtigsten ENZ-Schlagworte der habgierigen Bande - und gewiss auch die ersten, an die man im Zusammenhang mit dieser Bagage denkt.
Der tolle Plan von der Leyens hat indes einen direkten Vorläufer: Vor genau fünf Jahren haben die korrupten Flitzpiepen unter Federführung der CSU-Hohlbirne Hans-Peter Friedrich das "Cyber-Abwehrzentrum" gekreißt, das seitdem mit sagenhaften zehn Mitarbeitern das gesamte Land vor terroristischen Angriffen aus dem "Darknet" - oder wahlweise von der dunklen Seite des Mondes - beschützt. Oder stimmt das am Ende gar nicht?
Der WDR-Blogger Peter Welchering hat zu diesem Thema einen hübschen Beitrag geschrieben, den ich hier eigentlich komplett zitieren müsste - da ich das aber nicht darf, beschränke ich mich auf kurze Auszüge:
Nicht umsonst urteilte der Bundesrechnungshof im Jahre 2014, das Abwehrzentrum würde seine Aufgaben nicht erfüllen. Die Kritik am Abwehrzentrum ist nicht verwunderlich. Es war ja von der Politik eigens so konstruiert worden, dass dieses Zentrum eines garantiert nicht kann: Cyberangriffe abwehren. / (...) Zersplitterte Zuständigkeiten, Eifersüchteleien unter Behördenchefs und Ministerien sowie weitgehend fehlende Sachkenntnis in der IT-Politik haben dazu geführt, dass das Nationale Cyber-Abwehrzentrum in den fünf Jahren seines Bestehens eine Fähigkeit nicht entwickelt hat: Cyberangriffe abzuwehren.
Der gesamte Text ist zur Lektüre empfohlen. - Hier studieren wir wieder einmal ein glänzendes Beispiel dafür, was die neoliberale Einheitspartei unter Kompetenz, Exzellenz und Effizienz versteht: Es ging und geht hier nicht um "Cyber-Abwehr" (allein dieses Wortkonstrukt ist eine plumpe Beleidigung jedes Primatengehirns), sondern um Macht, Geld und medial verbreitetes, lautes Tamtam, um die erwünschte Botschaft ins Land zu plärren: "Seht her - wir tun etwas gegen die bösen Terrorangriffe!"
Es gäbe hundert Möglichkeiten, gegen tatsächliche Bedrohungen effektiv, schnell, preiswert und vor allem möglichst lautlos [sic!] anzugehen - das "Cyber-Abwehrzentrum" gehört aber ebensowenig dazu wie die geplante, noch absurdere "Cyberarmee" der Bundeswehr. - Ich frage mich schon seit Jahrzehnten, ob diese in fast sämtlichen politischen Bereichen immer wiederkehrende Erkenntnis tatsächlich "nur" auf die völlige Inkompetenz der jeweiligen Politmarionetten zurückzuführen ist. Allmählich bildet sich eine ernüchternde Anwort heraus: Nö.
Alter Schlaf, wo hast du deine Söhne?
Junge, starke Söhne sollst du haben,
solche Kerle, die noch mehr vermögen
als bloß kommen und die Lampe löschen.
Einer soll zu meiner Angst sich legen,
einer sich auf meine Sehnsucht knieen,
feste Fäuste müssen beide haben,
dass die Nachbarn keine Schreie hören.
Was willst du in meine Augen streuen?
Sand? - Ich lache! - eine ganze Wüste
kann ich dir für solche Augen schenken,
die damit sich schon zufrieden geben.
Meine, weißt du, sind zwei Feuersäulen,
einmal wird der Himmel davon brennen!
Aber vorher möcht ich endlich schlafen.
Alter, Alter, hast du keine Söhne?
(Christine Lavant [1915-1973], in: "Die Bettlerschale. Gedichte", Otto Müller 1956)
Der hochseriöse, integere Chef des "Verfassungsschutzes", Hans-Georg Maaßen, hat während seiner Vernehmung im NSA-Untersuchungsausschuss sensationelle Erkenntnisse enthüllt, welche die westliche Welt in ihren Grundfesten erschüttern. Zunächst beklagte er bitterlich die "Behinderungen" der Behörde durch den Ausschuss, um sodann - laut Zeit Online - nachzulegen:
Maaßen zweifelte vor dem Ausschuss auch die Rolle von Edward Snowden an, der mit seinen Enthüllungen die NSA-Affäre ans Licht gebracht hatte. Der Ex-NSA-Mitarbeiter könnte nicht der selbstlose Whistleblower sein, der die überwältigende NSA-Spionage öffentlich machte, sagte er. Snowden könnte vielmehr im Dienste russischer Geheimdienste stehen. "Dies wäre eine Spionage-Operation verbunden mit einer Desinformations- und Einflussnahme-Operation", sagt Maaßen. "Ein Keil würde getrieben zwischen die USA und deren engste Verbündete, insbesondere Deutschland."
Snowden ist also laut Maaßen in Wahrheit ein russischer Spion, der selbstverständlich nichts Gutes im Schilde führen kann - ein Spaltpilz der besonders perfiden Art eben, der die "enge Partnerschaft" zwischen Deutschland und den USA bombardiert. Beweise - oder auch nur Indizien - für diese Behauptung besitzt der Herr Maaßen zwar nicht, aber solch schnöde Details benötigt ein solcher offensichtlich korrumpierter Mensch auch gar nicht. In seinem strahlenden Weltbild gilt: USA und "Verfassungsschutz" sind gut, daher müssen der Untersuchungsausschuss (auch wenn dieser selbstverständlich ein völlig harm- und zahnloser Tiger ist) und auch Snowden zwangsläufig böse sein. Das reicht in solchen Kreisen offenbar als Beweis.
Kafkas helle Freude
Es lässt sich zumindest erahnen, in welch einer abstrusen, völlig irrwitzigen Zeit wir leben, wenn eine kriminell agierende deutsche Behörde von einem irren Verschwörungstheoretiker geleitet wird, die im Geheimen mit einem nicht minder irren us-amerikanischen Regime samt ebenfalls kriminell agierenden Geheimbehörden kooperiert. Kafka hätte seine helle Freude - bzw. seinen schlimmsten Albtraum - in unserer Gegenwart. - Ob beim "Verfassungsschutz" inzwischen auch schon Aluhüte getragen und Jebsen-Videos konsumiert bzw. "ausgewertet" werden, ist mir leider nicht bekannt. Möglicherweise werden Schlussfolgerungen dort auch aus geworfenen Tierknochen, dem Kaffeesatz oder schwingenden Pendelbewegungen gezogen.
Auch architektonisch ein deutliches Sinnbild für das "freiheitlich-demokratische" Verständnis dieser Behörde: Das BfV in Köln. Eigentlich fehlen nur noch die Wachttürme.
Glaube, du Schaf
Seiner Treue zum "engsten Verbündeten" jenseits des Atlantiks verlieh der Verschwörungstheoretiker ebenfalls deutlich Ausdruck:
Maaßen sagte dazu, die an die USA weitergegebenen Daten zu deutschen Islamisten "durften und dürfen nicht zu militärischen Zwecken verwendet werden". Zudem reichten Handynummern nicht für die Lokalisierung von Personen aus. / Maaßen versicherte, dass der Verfassungsschutz die Daten von Bürgern keineswegs massiv und anlasslos ausspähe. Auch erklärte er, warum seine Behörde die Software XKeyscore des US-Geheimdienstes NSA zur Analyse von Daten in Deutschland nutzt: Die eigenen Möglichkeiten zur Datenanalyse reichten nicht.
Selbstverständlich präsentierte der Schlipsgewürgte auch hierzu keinerlei Belege - man muss das eben glauben, wie das in einem religiotischen System des kapitalistischen Irrsinns eben so üblich ist. Wenn die amerikanischen Freunde beteuern, dass keinerlei Daten aus Deutschland für widerwärtige, kriminelle, andauernde Drohnenmorde benutzt wurden und werden, ist das Beweis genug - und dasselbe gilt freilich für die Beteuerung Maaßens, dass es keine flächendeckende und anlasslose Ausspähung deutscher BürgerInnen durch den "Verfassungsschutz" gebe.
Schlafen Sie, es gibt hier nichts zu sehen
Es ist interessant zu beobachten, dass die gesamte Berichterstattung der Systempresse inzwischen bemüht ist, den "NSA-Skandal" - sofern er überhaupt noch medial stattfindet - als ein Vorkommnis der Vergangenheit darzustellen, so als sei die Totalüberwachung durch NSA, "Verfassungsschutz" und all die anderen in- und ausländischen Geheimbehörden längst eingestellt worden. Nirgends wird auch nur in einer Randbemerkung explizit erwähnt, dass das Prozedere unvermindert andauert und ungehemmt weiter ausgebaut wird.
Gehen wir doch einfach noch ein paarmal schlafen - dann wachen wir endlich in der schönen neuen Welt auf:
("Brazil", ein äußerst empfehlenswerter Film von Terry Gilliam, 1985. - Der Film wird sicher nicht lange bei youtube verfügbar sein - wer ihn sich anschauen möchte, sollte das schnell tun.)
Ein Musik- und Literaturwissenschaftler auf der heiteren Odyssee bzw. vergeblichen Suche nach dem Humanismus.
Ich verstehe dieses Blog weder als "links", noch als "linksliberal" - es versucht, schlicht der Logik zu folgen, sucht die oft verschleierte Wahrheit und landet daher fast zwangsweise immer wieder in sozialistischen Regionen, in die es nie wollte. Die Logik lässt sich nicht so leicht austricksen wie es der interessengeleitete menschliche Geist tut.
Dennoch gilt auch weiterhin Spocks weiser Spruch: "Logik ist nur der Beginn aller Weisheit - und nicht ihr Ende."
Der Blogbetreiber stellt sich vor - auf dass NSA, "Verfassungsschutz", BKA und so viele andere nicht mehr so ausufernd suchen müssen:
Facebookfreie Zone
Das gilt selbstredend auch für alle anderen Datenkraken und "sozialen Netzwerke".
Statt Facebook lieber Ghostery :-)
Dieses kleine, kostenlose Plugin gibt's für alle gängigen Browser - macht es den Werbefuzzis und Überwachungsfetischisten doch wenigstens ein bisschen schwerer, Euren Spuren im Netz zu folgen ...