Freitag, 18. Oktober 2013

Song des Tages: Und wir tanzten




(ASP: "Und wir tanzten", aus dem Album "Hast du mich vermisst? (Der schwarze Schmetterling I)", 2000)

Und wir tanzten im Schnee vergangenes Jahr.
Der Mond funkelte sanft in deinem Haar.
Und es tut auch kaum mehr weh,
wenn ich alles vor mir seh,
als ob's letzte Nacht gewesen, sternenklar.

Deine Haut und Stolz bleibt mir schon lang nicht mehr.
Ich gäbe alles für ein Zaubermittel her.
Eins, das dich mich lieben macht
Länger als nur eine Nacht,
Doch meine Arme und die Nächte bleiben leer.

Nur dieses eine Mal noch schenk mir Kraft für einen neuen Tag.
Ich stehe nackt und hilflos vor dem Morgen, nie war ich so stark.
Nur einen Tag noch Kraft und ich reiß alle Mauern um mich ein:
Nur wer sich öffnet für den Schmerz lässt auch die Liebe mit hinein.

Und wir tanzten im Schnee vergangenes Jahr.
Der Mond funkelte sanft in deinem Haar.
Und es tut auch kaum mehr weh,
Wenn ich alles vor mir seh,
Als ob's gestern war und nicht vergangenes Jahr.

Will ich es greifen, ist es schon nicht mehr da.
Niemand war mir jemals ferner und so nah.
Nicht mal Stille sagt, wie tief -
Wie ein ungeschickter Brief -
Was zerbrach, als ich in deine Augen sah.

Auch dieser Brief bleibt ungeschickt von mir.
Das schönste Lied schrieb ich nicht auf Papier.
Ich schrieb es in dein Gesicht,
mit den Fingern - siehst du nicht,
was mein Mund dir hinterließ?
Schau auf deine Haut und lies,
Such, wo meine Zunge war,
Such mein Lied in deinem Haar!
Willst du mein Gefühl verstehen,
Musst du dich in dir ansehen -
Schließ die Augen und du siehst: Ich bin in dir.

Ich breite meine Arme aus, empfange dich, komm an mein Herz,
Ich heile dich, lass einfach los und gib mir deinen ganzen Schmerz.
Renn einfach weg, lauf vor mir fort, lebe dein Leben ohne mich -
Wo immer du auch hingehst, wartet meine Liebe schon auf dich.

Und wir tanzten im Schnee vergangenes Jahr.
Der Mond funkelte sanft in deinem Haar.
Und es tut auch kaum mehr weh,
Wenn ich alles vor mir seh,
Als ob's gestern war und nicht vergangenes Jahr.

Und wir tanzten im Schnee vergangenes Jahr.
Der Mond schien so sanft in deinem Haar.
Wenn du mich nicht siehst, bin ich
Einfach nicht mehr wesentlich -
Löse mich auf wie Schnee vom vergangenen Jahr.


Anmerkung: Ein bisschen persönliche, weitgehend unpolitische Nostalgie darf doch auch mal sein, oder? Man kann diesen Song natürlich auch als Abschiedslied des Demokraten verstehen, der im stillen Kämmerlein die ungeschickten Briefe an die sich auflösende Demokratie resümiert, bevor er sich selbst entleibt - aber ich lasse die verrottete Kirche im Dorf und richte meinen heutigen Gruß an eine ganz bestimmte Person dort draußen, die mein Leben wie keine andere beeinflusst hat.

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Das Satiremagazin "WDR" berichtet: Der "beinahe anspruchslose" Kardinal


Der Sprecher von Joachim Meisner hat den Kölner Kardinal als "beinahe anspruchslos" bezeichnet. Der 79-Jährige lebe mietfrei in einer fast 250 Quadratmeter großen Wohnung. Er müsse allerdings den Mietwert in Höhe von 1.213 Euro versteuern, teilte sein Sprecher Christoph Heckeley am Mittwoch (16.10.2013) mit. / Meisner verdient im Monat gut 11.500 Euro. Das sei vergleichbar mit einem Oberbürgermeister einer 500.000-Einwohner-Stadt in NRW. Zwei Ordensschwestern führen ihm den Haushalt. Meisner fährt einen 7er BMW. Er lebe aber, so Heckeley, auf "einer Linie mit dem Papst".

(Quelle)

Anmerkung: Wenn selbst der stockkonservative, stramm auf kapitalistischer Propaganda-Linie befindliche WDR angesichts einer solchen hanebüchenen "Presse"-Meldung der katholischen Milliardär-Sekte den Sarkasmus kaum mehr verbergen kann, wird die Groteske erst richtig sichtbar: Selbstverständlich führen sämtliche Kirchenfürsten dieses widerlichen Vereins ein abgehobenes Luxusleben fern jeder Lebensrealität der großen Mehrheit der Menschen - der Limburger Hampelmann stellt da keine Ausnahme dar. Es ist erbärmlich, jetzt mitansehen zu müssen, wie dieser - durchaus verachtenswerte - Mensch allein als habgierige Sau durchs Dorf getrieben wird und dabei von "christlichen Genossen" auch noch dazu missbraucht wird, das jeweilige eigene Luxusleben zu relativieren oder es gar in ein angebliches Leben in "Armut", "Demut" oder ähnlich grotesker Absurditäten zu pervertieren. Lächerlicher geht es kaum.

Der Herr Gärtner hat in seiner Titanic-Online-Kolumne dazu alles Notwendige geschrieben - lest Euch das bitte durch. Seinem Resümee kann ich mich nur vorbehaltlos anschließen:

"Was aber die katholische Kirche mit ihrem Geld macht, ist solange unerheblich, wie keiner die Anschlussfrage stellt, wo sie das ganze Geld eigentlich her hat; als wäre Geld ab einer gewissen Menge nicht naturnotwendig zusammengeraubt. Wer da mit Moral kommt, hat das nicht begriffen, und wer da in der Zeitung mit Moral kommt, will auch nicht, dass es begriffen wird."

Wer sich über die Limburger Speckmade erregt, muss sich zwangsläufig auch über all die anderen Speckmaden dieser kriminellen Vereinigung erregen - selbstredend auch über den Papst, der so gern von "Demut", "Bescheidenheit" und "Armut" schwadroniert, während er selbst in unbeschreiblichem Luxus in den vatikanischen Palästen residiert. Diese ganze kirchliche Mischpoke gehört längst auf den Abfallhaufen der Geschichte, direkt neben die menschenfeindliche, absurde Ideologie des Kapitalismus'. Dass die Menschheit von dieser dualen Entsorgung allerdings weiter entfernt ist als die Milchstraße von anderen Galaxien, ist ein weiteres Indiz für das alsbald bevorstehende unausweichliche, vollkommen natürliche Ende. Bis es soweit ist, schieben wir eben weiterhin degenerierten Frauenkleiderträgern einen 7er-BMW, eine 250-Quadratmeter-Wohnung, zwei Ordensschwestern und 11.500 Euro monatlich in den Anus - finanziert übrigens von allen BürgerInnen dieses Staates, egal ob Katholiken oder nicht - und lassen sie weiterhin in die Welt posaunen, dass sie ein "beinahe anspruchsloses" Leben führten. Orwell glüht sternenhell in seiner Grabstätte.

Die "Elite" verarscht uns so dermaßen offensichtlich und ungeniert, dass die orgiastischen Lachanfälle der Bande aus den elitären Hinterzimmern bis hinein in die letzte Armutsunterkunft unter der ranzigsten Autobahnbrücke dröhnen. Und dennoch versteht es auch dort kaum jemand, sondern hält es wahlweise für eine Unterstützungsbekundung der "Mächtigen" oder für einen Kampfgesang einer anderen ausgepressten, ausgebeuteten Minderheit, die den armen Schweinen auch noch die letzten Habseligkeiten nehmen wollen. Mir fällt dazu nichts mehr ein - außer: Wenn die Dummheit einen neuen Namen bräuchte, sollte sie sich "Menschheit" nennen.

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Dressur



(Zeichnung von Gustave Henri Jossot [1866-1951], in "L'Assiette au Beurre", 1902)

Dienstag, 15. Oktober 2013

Song des Tages: Don't Turn Too Stone




(Amon Düül II: "Don't Turn Too Stone", aus dem Album "Only Human", 1978)

Anmerkung: Allen Unkenrufen zum Trotz: Das doppelte "o" ist kein Tippfehler, und es fehlt auch kein "d" am Ende des Titels. ;-) Der Youtube-Uploader dieses Songs hat das Wortspiel offenbar nicht verstanden oder es übersehen. - Zu diesem Song könnte ich eine lange, sehr persönliche Geschichte erzählen; ich will mich aber auf das Wesentliche beschränken und schweige daher - lauschet den Klängen und Worten und sinnt der Frage nach, weshalb diese Welt trotz der ganzen aufklärerischen, humanistischen, sozialen Bewegungen der vergangenen Jahrhunderte zu diesem versteinerten Ort der Eiseskälte, der andauernden ewigen Kriege und der barbarischen Unmenschlichkeit verkommen ist, den wir heute vorfinden.

Die Antwort ist für BenutzerInnen des Gehirns denkbar einfach - für den normalen, bewusstlos über diesen Planeten schlurfenden Zombie aber außerhalb jeder Erfahrungs- und Erkenntniswelt. Das war 1978 schon so, und heute ist das eisenhart zementiert und betoniert, und niemand in dieser Zombiewelt - abgesehen von einer handvoll irrer Psychopathen wie beispielsweise mir - stellt den Kapitalismus mehr in Frage. Die widerliche elitäre Bande hat einmal mehr ganze Arbeit geleistet. Menschlich ist daran indes nichts mehr.


Montag, 14. Oktober 2013

Zitat des Tages: Der Steuermann


"Bin ich nicht Steuermann?" rief ich. "Du?" fragte ein dunkler hoch gewachsener Mann und strich sich mit der Hand über die Augen, als verscheuche er einen Traum. Ich war am Steuer gestanden in der dunklen Nacht, die schwachbrennende Laterne über meinem Kopf, und nun war dieser Mann gekommen und wollte mich beiseite schieben. Und da ich nicht wich, setzte er mir den Fuß auf die Brust und trat mich langsam nieder, während ich noch immer an den Stäben des Steuerrades hing und beim Niederfallen es ganz herumriss. Da aber fasste es der Mann, brachte es in Ordnung, mich aber stieß er weg. Doch ich besann mich bald, lief zu der Luke, die in den Mannschaftsraum führte und rief: "Mannschaft! Kameraden! Kommt schnell! Ein Fremder hat mich vom Steuer vertrieben!" Langsam kamen sie, stiegen auf aus der Schiffstreppe, schwankende müde mächtige Gestalten. "Bin ich der Steuermann?" fragte ich. Sie nickten, aber Blicke hatten sie nur für den Fremden, im Halbkreis standen sie um ihn herum, und als er befehlend sagte: "Stört mich nicht", sammelten sie sich, nickten mir zu und zogen wieder die Schiffstreppe hinab. Was ist das für Volk! Denken sie auch oder schlurfen sie nur sinnlos über die Erde?

(Franz Kafka [1883-1924]: "Nachgelassene Erzählungen"; geschrieben ca. 1920, publiziert erstmals posthum 1946)

Anmerkung: Es ist schon extrem frustrierend feststellen zu müssen, dass sich am Zustand des "sinnlos über die Erde schlurfenden Volkes" in den vergangenen 100 Jahren offenbar nahezu nichts verändert hat. Dieser Text könnte auch heute als brandaktueller Kommentar zu unserer Zeit in irgendwelchen Tagebüchern stehen - und auch heute würde er nicht das Geringste am diagnostizierten Stumpfsinn der Mehrheit verändern.

Ein deutlicher Unterschied zwischen damals und heute besteht wohl in der schnöden Tatsache, dass die Indoktrination der Menschen durch die veröffentlichten Medien vor ca. 100 Jahren noch lange nicht die Intensität und den Umfang erreicht hatte, wie das heute der Fall ist. Trotzdem feierte der Stumpfsinn damals einen Triumph nach dem anderen, bis hin zum vollkommenen Irrsinn, hinein in den totalen Weltkrieg und finstersten Faschismus - und wir dürfen gespannt sein, wie eine noch viel umfassendere, gesteuerte, geplante und nahezu allumfassende Indoktrination heute wohl auf die Menschen einwirken mag. Die Prognosen müssen zwangsläufig finster ausfallen - und die Ereignisse der letzten Monate und Jahre belegen das auch eindrucksvoll.

Heute würde ein feingeistiger Mensch wie Kafka den Schluss seines Textes wohl nicht mehr als Frage formulieren, sondern ihn mit dicken Ausrufezeichen versehen: "Sie denken - ganz gewiss - nicht, sondern schlurfen nur sinnlos über die Erde!!"

Aber auch diese Eskalation des dokumentierten Stumpfsinns hätte keine Wirkung.

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Parlamentarismus


"Die Stimme seines Herrn."

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 37 vom 13.12.1922)