Montag, 25. Januar 2010

Arbeitsmarkt Deutschland: Bankrotterklärung in einem der reichsten Länder der Welt

Es kommt einer Bankrotterklärung in einem der reichsten Länder der Welt gleich, wenn Menschen arbeiten und das erbärmlich niedrige Einkommen am Ende des Monats noch zu einem Einkommen auf unterstem Niveau aufgestockt werden muss. Ebenfalls eine Bankrotterklärung ist es, wenn Arbeitssuchenden anständige Arbeit mit angemessener Bezahlung gezielt vorenthalten wird. Zu Gunsten prekärer Arbeitsverhältnisse im Dumpinglohnbereich oder entwertet als "Ein-Euro-Jobber" ohne ordentlichen Arbeitsvertrag stehen sie wie Schuldige am Pranger der Gesellschaft. Einer, der es derzeit besonders auf die Spitze treibt, ist der Populist und CDU-Politiker Roland Koch. Als "Element der Abschreckung" will er nun die Arbeitspflicht durchsetzen. Eine Maßnahme, die es schon lange gibt. (...)

Entgegen anderslautender Bekundungen der Hartz-IV-Architekten und deren treuer Anhängerschaft macht die Abwärtspirale allerdings keineswegs vor den Qualifizierten und Bildungsbürgern halt. Akademiker aus vielen Fachbereichen dümpeln inzwischen im Niedriglohnbereich vor sich hin und der Wissenschaftsnachwuchs hüpft von einem unbezahlten Praktikum zum nächsten. Auch Verlage nutzen inzwischen alle Möglichkeiten der allzu leichtfertig und hastig zur Verfügung gestellten Instrumente, die dann auch hier zu desaströsen Arbeitsmarktbedingungen führen. So wurden Journalisten und Redakteure bereits rudelweise entlassen und einzelne "Glückspilze" unter ihnen dürfen sich glücklich schätzen, wenn sie sich – dann jedoch weit unter Tarif entlohnt - als Zeitarbeiter auf gleichem Posten wiederfinden. Eigene Verlags-Zeitarbeitsunternehmen sorgen für solche Zustände am Arbeitsmarkt und beschäftigen ihre Mitarbeiter zu miserablen Konditionen. Eine geradezu perverse Entwicklung in einer Branche, die einst als vierte Macht und Säule der Demokratie unerlässlich darauf achtete, Missstände und Fehlentwicklungen deutlich beim Namen zu nennen.

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Anmerkung: Roland Koch verfolgt das Konzept der Zwangsarbeit schon seit vielen, vielen Jahren (vgl. z.B. diesen Telepolis-Artikel aus dem Jahr 2002). Welche Ziele dahinterstecken, kann man diesem Text auch entnehmen – es geht vor allem darum, Hilfebedürftige aus dem staatlichen Leistungsbezug (wohin auch immer – in die "privaten" oder kirchlichen Hilfsorganisationen, in die Illegalität oder in die Obdachlosigkeit) zu drängen. Das findet Herr Koch offenbar gut. Und dass Zwangsarbeit noch den "positiven" Nebeneffekt hat, dass sie allgemein den Lohn drückt, reguläre Jobs verdrängt und überhaupt für ein Klima der Angst unter den noch verbliebenen Arbeitnehmern sorgt, scheint ihn erst recht zu freuen.

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