Donnerstag, 28. März 2013

Die Refeudalisierung der Welt


Ist der bürgerliche Kapitalismus am Ende? Die Finanzkrise macht deutlich, dass sich in der Gesellschaft wie in der Ökonomie Maßstäbe geändert und Gegebenheiten verschoben haben, und vieles erinnert dabei an die Zeit des Feudalismus. (...)

Dadurch wird deutlich, dass eine Trennung von Markt und Staat nicht vorhanden ist, was zu einer Verstaatlichung der Ökonomie und in der Folge zu einer Ökonomisierung des Staates führt. Zugespitzt könnte man bilanzieren: Eine ärmer werdende Gesellschaft blutet weiter aus, zugunsten einer reicher werdenden Managerklasse, die weder nach dem Leistungsprinzip operiert, noch für das Risiko ihres Handelns gerade stehen muss.

(Weiterlesen bzw. Sendung anhören)

Anmerkung: Es versteht sich von selbst, dass die WDR-Redaktion, die für diesen Beitrag verantwortlich ist, das Offensichtliche mehr als verhalten formuliert und dabei noch die allgemeine Mär erneuert, dass der Kapitalismus "früher ja auch wunderbar funktioniert" habe, nun aber "plötzlich und auf wundersame, nicht vorhersehbare Weise" - einer Naturkatastrophe gleich - aus dem Ruder laufe. Der WDR wäre kein Systemmedium, wenn er das nicht täte und nicht irrsinnigen Unfug wie den "bürgerlichen Kapitalismus" bemühte. Tatsächliche Hintergründe und Ursachenbenennungen darf man in diesem Beitrag also nicht erwarten - es verbleibt aber eine recht anschauliche Symptombeschreibung.

Aber selbst in diesem kleinen Rahmen gilt auch hier, was für alle Massenmedien gültig ist: Solche "philosophischen Ausrutscher" haben keinerlei Einfluss auf die übliche politische Scheinberichterstattung, die in gewohnter manipulierender, schönfärbender und verschweigender Art und Weise einfach fortgeführt wird - irgendwelche Gedanken über die Refeudalisierung der Welt werden in den alltäglichen Beiträgen nirgends auftauchen. In wenigen Wochen, wenn auch dieser Beitrag beim WDR wieder depubliziert worden ist, ist der Status Quo derselbe, als hätte es dieses Radio-Feature nie gegeben. Der Begriff "Feigenblatt" ist daher noch viel zu beschönigend.

Wer sich zum Thema etwas umfassender - also inklusive der Hintergründe und Ursachen - informieren möchte, dem seien die Ausführungen des "Dr. Wo" auf dessen Webseite zum "modernen Feudalismus", dem so genannten "Meudalismus", empfohlen - wobei ich mich von der dort beschworenen vergangenen "sozialen Marktwirtschaft" ebenso strikt distanziere wie vom heutigen Finanzkapitalismus. Die Begriffe "Marktwirtschaft" und "sozial" schließen sich nach meiner Meinung ebenso aus wie es die Begriffe "Alkoholismus" und "genussvoll" tun: Ganz zu Beginn mag man der Illusion noch auf den Leim gehen, aber mit zunehmender Dauer wird das Zerstörerische, Gewalttätige und Fremdbestimmte immer offensichtlicher und drängender. Die Alternative zur pervertierten, refeudalisierten Welt der Gegenwart kann nun wirklich nicht die "soziale Marktwirtschaft" der Vergangenheit sein, die letzten Endes ja der Ausgangspunkt für die heutige soziale, ökologische und wirtschaftliche Katastrophe war und zugleich auch in früheren Zeiten bereits massenweise Not, Elend, Armut und Tod in weiten, damals meist noch weiter entfernt liegenden Teilen der Welt verursacht hat.

Vorerst gilt es aber, den Rückfall in diese feudalistischen oder frühkapitalistischen Horrorzeiten, der in Europa und den anderen Regionen des "Westens" in vollem Gange ist, aufzuhalten. Je öfter wir überall darüber reden, desto besser stehen die Chancen. - Das sagt jedenfalls das süße kleine Engelchen auf meiner linken Schulter, über das sich der fiese Teufel auf der anderen Seite regelmäßig fast in den Erstickungstod lacht.

---

Großbanken


"Die Herren Kleinspekulanten bitte durch den Eingang für Dienstboten!"

(Zeichnung von Erich Schilling [1885-1945], in "Simplicissimus", Heft 39 vom 27.12.1922)

2 Kommentare:

Anabelle hat gesagt…

Wunderbarer Text. Man beachte auch das Füllhorn auf der Banktür. Der Zeichner war vor 33 echt spitze.

Anonym hat gesagt…

Wenn der Teufel einen Haufen setzt wird er immer grösser.