Ein Gastbeitrag von Altautonomer
Jörg Wellbrock goes Lapuente. Er meint, mit populistischer Kritik am rassistischen Pöbel und seiner militanten Fraktion antifaschistischen Eindruck bei seinen Lesern machen zu können. Dabei übersieht er, dass seine eigenen Begrifflichkeiten genauso in die Kategorie der verharmlosenden Sprache gehören.
Wellbrock verharmlost in diesem Text die rechten Brandstifter und Schläger wie ein "Rechtsstaatpatriot" und verortet sie lediglich in der strafrechtlichen Kategorie der "Verbrecher" und "Kriminellen". Die nationalistische, völkische und volksverhetzende Komponente der Motive stellt er dabei gar nicht heraus. Es wäre in einem derartigen Text eine gute Gelegenheit gewesen, den gesellschaftlich-rassistischen Konsens hinter derartigen Gewalttaten explizit herauszuarbeiten.
Unbedarfte LeserInnen könnten angesichts dieses Textes nämlich den Eindruck gewinnen, dass diese militanten Rechten tatsächlich für eine Mehrheit agierten und dass das, was numerisch als Minderheit in Erscheinung tritt, in gesellschaftlichem Sinne eine Mehrheit hinter sich habe - so etwas wie eine "kulturelle Hegemonie", was die Straße, den öffentlichen Raum, den Diskurs, die Zuspitzungen und die klammheimliche Freude anbelangt. Und das alles auch noch mit der Gewissheit, beim Erwischtwerden ja doch bloß mit einer resozialisierenden Bewährungsstrafe davonzukommen, weil ja auch nach 1945 die Großväter schon für ihre Massenmorde mit einem Verwarnungsgeld hart bestraft wurden.
Im ersten Absatz erwähnt Wellbrock in einem begrifflichen Eintopf unter anderem den euphemistischen Begriff für Rassisten: "Ausländerfeinde", der zur Vermeidung des Substantivs "Rassist" besonders gern von der politischen Elite benutzt wird. Damit soll ausgedrückt werden, dass es gegenüber den fremden Ethnien doch nur an mehr "Freundlichkeit" fehle. Diese "Feindlichkeit" (Unfreundlichkeit) gegenüber (inländischen) Ausländern bedürfe demnach doch nur einer Überleitung in eine "Willkommenskultur". Der Begriff "Ausländerfeindlichkeit" suggeriert verharmlosend so etwas wie "schlechtes Benehmen".
Im vorletzten Absatz bestätigt Wellbrock seinen semantischen Fauxpas noch einmal mit dem Satz: "Und ein menschenverachtender Ausländerfeind wird nicht sympathischer, wenn man ihm einen neuen Namen gibt." - Ich ergänze: Und ein Rassist wird nicht durch problemflankierende Sprachregelungsanästhesie verdelt, indem man ihn zum "Ausländer-" oder "Fremdenfeind" befördert.
Die Akteure der rassistisch motivierten Gewaltexzesse in Dresden und anderswo sind dieselben Gesinnungstypen, die auch in den letzten Jahren über 170 Morde an "undeutschen" Deutschen und "Nichtdeutschen" begangen und all diejenigen deutschen Staatsbürger drangsaliert haben, die nicht in ihr irrsinniges Menschenbild von der "arischen" Herrenrasse passten, wie beispielsweise auch Behinderte, Punks, Obdachlose usw. Meines Wissens hat der NSU auch keine Ausländer ermordet.
Deshalb gebe ich Herrn Wellbrock seinen Schluss-Satz mit der Bitte, ihn noch einmal gründlich zu durchdenken, zurück: "Wir sollten uns Sorgen machen, ja. Um eine verschleiernde Sprache, die die Dinge nicht mehr beim Namen nennt."
Im Kommentarbereich beim Spiegelfechter finden sich dann auch die in den Mainstreammedien üblichen Hasskommentare bis hin zur "Viktimisierung" der zündelnden Schreiberlinge und Brandstifter. Angesichts der üblichen Beleidigungen wie "Spinner", "Linksfaschist" und "Gutmensch" bleiben die antifaschistischen Argumente nicht nur in der Minderzahl, sondern werden auch von der Seite der "Gutmenschen" so gut wie gar nicht erwähnt. In einigen Kommentaren sind es sogar wieder einmal die Flüchtlinge selbst, die allein durch ihre Anwesenheit die "berechtigten Ängste" erzeugen und damit den Täterstatus erhalten. Ein gewisser "Andreas" bringt das - sprachlich verpackt mit der Standardbemerkung "ich bin kein Nazi" - auf den BLÖD-"Zeitungs"-Niveauhöhepunkt: "Am späten Abend ziehen abgerissene Gestalten in Gangs [???] durch die Straßen und sammeln sich nachts, oft lautstark diskutierend, an einer Bushaltestelle." Ein anderer bezeichnet die Ärmsten zwar nicht als "Gangs", meint aber, dass "die Horden von Wirtschaftsflüchtlingen" von ihm als "Steuerzahler durchgefüttert" werden müssten. Die Krönung des Ganzen ist dann dieser Satz desselben Typen, den ich nur als Satire verstanden wissen will: "Bei uns in Hinter-Tupferheimstetten war es genauso: Am Anfang saßen sie nur an der Bushaltestelle und unterhielten sich laut. Da reichte es noch, das Fenster zu schließen. Später hörte man regelmäßig die Schreie von Frauen die vergewaltigt wurden."
Der Stammkommentator GrooveX bringt es letztlich auf den Punkt: "der müll hier wird langsam unerträglich. seit wann kann der spiegelfechter sich leisten, zur ausweichstelle für pi-anhänger zu dienen?" - Mit vermeintlicher Dokumentationspflicht hat dies nichts zu tun. In den 90er Jahren landeten Leserbriefe mit rassistischen Inhalten bei den Printmedien wie selbstverständlich im Papierkorb.
(Antisemitische, zum Erbrechen lächerliche Nazi-Hetzschrift eines gewissen Wilhelm Matthießen aus dem Jahr 1938, ganz im Stile des heutigen "KOPP-Verlages" und ähnlicher Bekloppter)
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Anmerkung des Kapitäns: Als ich den oben verlinkten Beitrag des Spiegelfechters und insbesondere die Kommentare dazu gelesen hatte, habe ich endlich beschlossen, mein Restgehirn zu trocknen, zu zerbröseln und nach und nach in schönen, dicken Tüten zu rauchen. Es ist aus meiner Sicht gar nicht zu fassen, mit welcher Unverfrorenheit und offensichtlichen Dummheit nicht nur die üblichen Rassisten, von denen man ja nichts anderes erwartet, sondern auch die vermeintlichen Verfechter des Humanismus' dort an dieses Thema herangehen. In Sachen Dämlichkeit tun sich beide Seiten (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) hier nicht viel - dieser Beitrag Wellbrocks inklusive der Kommentare ist ein beredtes Beispiel für die vollendete Verblödung der Menschheit.
Ich danke dem Altautonomen sehr, dass er sich die Mühe gemacht hat, sich in diesem stinkenden Sumpf umzusehen und etwas dazu zu schreiben. Ich selber hätte hier wohl nur bösartige Beschimpfungen und sabbernde Halbsätze der Fassungslosigkeit zustande gebracht.
9 Kommentare:
Kritik von linksaussen:
"Jörg Wellbrock goes Lapuente. Er meint, mit populistischer Kritik am rassistischen Pöbel und seiner militanten Fraktion antifaschistischen Eindruck bei seinen Lesern machen zu können. Dabei übersieht er, dass seine eigenen Begrifflichkeiten genauso in die Kategorie der verharmlosenden Sprache gehören."
http://narrenschiffsbruecke.blogspot.ch/2015/07/rassismus-semantik-nachhilfe-fur-den.html
Die mit der reinen Lehre...
(Es ist ein Gastbeitrag vom Rentner namens "altautonomer". Er hasst Roberto De Lapuente bis zur Besinnungslosigkeit. Wenn er also schreibt "Jörg Wellbrock goes Lapuente", dann...)
Ich wusste ja bis heute nicht, dass Linke, die nicht mehr erwerbstätig sind (Rentner), nicht qualifiziert sind, sachlich Kritik an anderen Bloggern zu üben. Von Hass kann übrigens bei mir gar keine Rede sein. Ich nenne es Amüsement.
Semantik hin /Semantik her
Und bin auch ein Befürworter klarer Sprache.
Aber ist es dies, was dringend ausdiskutiert werden muss?
Hat der Jörg Wellbrock einen so schlimmen, unverzeihbaren Fehler gemacht?
Wo er doch vielleicht einige Unentschlossenen nicht abschrecken wollte.
"Ein Klassenkampf, der die unterdrückten Klassen auf niedriger Flamme grillt[...]
erkennt man daran, dass die Unterdrückten
a) diskutieren statt handeln,
b)verwirrt sind statt einig und
c) moralisieren statt analysieren." D. Dath
https://www.youtube.com/watch?v=Zr-BH3Y_wQk&feature=youtu.be
Das gute alte Doitschland. Damals war ich 6 und ein halbes Jahrhundert spaeter (waehrenddessen sich in mir dieses unumgaengliche "Schlimmer geht Immer" manifestierte) ist noch mehr Scheisse nur noch im Tiefflug.
https://www.youtube.com/watch?v=enCr97TSzpw
Auf dem rechten Auge blind? .... Querschnittlslaehmung!
Hierzu noch eines (aus hunderten) meiner "besorgte Bürger" Lieblingsdokus: https://www.youtube.com/watch?v=-dkxGZgHXc0 .. aufgestachelte Scheisse, welche kaum ueber Hirnfunktionen verfuegt und diesen IQ fuer einen Immensen Querbalken haelt.
Passend dazu: http://i1.wp.com/www.preiselbauer.de/wp-content/uploads/2015/06/19686_657053371095143_1003373075916952075_n.jpg
Auch schoen, wenn ich in den Medien zB. solche Zeilen lese: "In Sachsen steigt die Zahl der Angriffe gegen Flüchtlingsheime stärker als im Bundesdurchschnitt." Alltag in Deutschland. Schon Immer .... aber immer Schlimmer. http://tammox2.blogspot.com/2015/07/failed-state.html
Gruss
Jake
jakebaby: Darum nennen es immer mehr Leute Terror, denn mit "Ausländerfeindlichkeit" anstelle von Ausländerfreundlichkeit hat das nichts zu tun.
Kaum schreibe ich etwas über die "vollendete Verblödung der Menschheit", taucht prompt "Herr Karl" (alias "André") auf und kotet seinen dampfenden Haufen auf den Teppich. Manchmal ist Logik so erschreckend vorhersehbar. ;-)
altautonomer,
"Darum nennen es immer mehr Leute Terror, ...."
Die Handvoll Leute kannte ich noch gar nicht ... :-(
Um das Thema abzurunden, verlinke ich mal einen Text von Burkhard Schröder, der ebenfalls meine Position bestätigt:
https://www.burks.de/burksblog/2012/01/18/nazis-haben-nichts-gegen-auslander
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