Eine Anmerkung vorweg: Ich bin kein Jurist und wollte zum Glück auch nie einer sein.
Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat ist schon eine tolle Sache. Das hat gerade wieder einmal das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bewiesen, das zwielichtigen polnischen Schwerverbrechern 400.000 Euro abgenommen hat. Der WDR berichtete kurz – und gewohnt informationsarm – darüber:
Die Bundesrepublik Deutschland darf knapp 400.000 Euro behalten, die der Zoll bei drei Verdächtigen beschlagnahmt hatte. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Donnerstag (20.07.2017) entschieden. Die Männer aus Polen hatten das Geld vor vier Jahren in bar dabei, als sie auf der Autobahn kontrolliert wurden. (...) / Aufgefallen war das verdächtige Trio bei der Kontrolle auf der Autobahn 2 bei Hamm. In ihren Westen trugen die Männer paketeweise Euroscheine am Körper. Die seien für den Kauf von Baumaschinen bestimmt, sagten sie. Die Zollbeamten glaubten ihnen kein Wort, vermuteten Drogengeschäfte und beschlagnahmten das Geld. / Beweise hatte der Zoll allerdings nicht, vor dem Amtsgericht Hamm wurden die Männer freigesprochen. Dennoch behielt der Zoll die gesamte Summe, zur Gefahrenabwehr[,] so die Argumentation. Zu Recht, wie das Verwaltungsgericht jetzt urteilt[e]: Da die Männer die legale Herkunft des Geldes nicht zweifelsfrei belegen konnten, wiesen die Richter die Klage ab.
Moment – polnische Schwerverbrecher? – Ja, so geht das in einem ordentlichen, lupenreinen Rechtsstaat: Wenn Dir etwas unterstellt wird, das nicht bewiesen werden kann, musst Du eben selbst das Gegenteil beweisen. Das lässt sich doch wunderbar auf alle möglichen Bereiche anwenden: Die
Nun ist es – zumindest jenseits des mafiösen, kriminellen Milieus (Politik, Wirtschaft etc.) – zwar in der Tat eher unüblich, mit 400.000 Euro in bar durch die Gegend zu gurken; allerdings ist dieses Urteil dennoch hanebüchener Irrsinn, wenn man der WDR-Kurzinformation folgt. Ob hier wichtige Details nicht genannt oder verzerrt wurden, entzieht sich meiner Kenntnis, da nicht einmal ein Aktenzeichen genannt wird. Es ist allerdings allgemein bekannt, dass man jahrzehntelang als seriöser, aus Steuergeldern fürstlich alimentierter Staatsmann, der keinerlei Bestrafung zu befürchten hat, gilt, wenn man beispielsweise Wolfgang Schäuble heißt und mit einem dicken Geldkoffer in der Hand erwischt wird: Da wird nicht einmal Anklage erhoben.
Man sollte sich also wappnen: Wenn man demnächst die kärgliche Rente oder den Hungerlohn vom Geldautomaten abhebt, sollte man am besten Beweisfotos schießen, damit die Kohle bei der nächsten Kontrolle durch die Staatsschergen nicht beschlagnahmt wird: "Aber Herr Wachtmeister, das ist doch nur meine Rente für diesen Monat!" – "Das sagen sie alle – beweisen Sie diese Behauptung bitte! Ich glaube vielmehr, Sie haben Drogen vor dem Kindergarten verkauft! Sie widerwärtiger Schuft!"
Und nun stellen wir uns mal vor, dass Opa Kowalski seit mindestens 30 Jahren zuhause einen Geldbetrag unter dem Kopfkissen aufbewahrt, und dann kommt ein solcher rechtsstaatlicher Richter des Weges und möchte "zweifelsfrei nachgewiesen" haben, dass diese Kohle "legal" sei. Da tanzt der Amtsschimmel irre kichernd und kotzend durch den Gerichtssaal, dass es eine helle Freude ist – und der Opa ist die Kohle los.
Üblicherweise wird vom Zoll beschlagnahmte Ware ja vernichtet (wer's glaubt, wird selig). Es ist schon reichlich seltsam, dass dieses Prinzip beim Thema Bargeld offenbar auch hochoffiziell nicht angewendet wird: Anstatt die Scheine zu verbrennen oder zu schreddern, streckt der Staat seine langen Finger aus und steckt sie sich elegant in die eigene Tasche, um beispielsweise Schäubles luxuriösen Dienstwagen zu finanzieren. Ich möchte die Begründung für dieses Prozedere – sofern es überhaupt eine gibt – lieber gar nicht wissen. Es muss dem Untertanen schon reichen, dass dies der "Gefahrenabwehr" dient – selbst dann, wenn Opa Kowalski der "Täter" ist, dem gar nichts zur Last gelegt werden kann.
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Der Angeklagte hat das Wort!
(Lithografie von Honoré Daumier [1808-1879], in: "La Caricature", 1835)
7 Kommentare:
@ André alias "Herr Karl": Deine Beiträge sind hier weiterhin unerwünscht. Geh doch zur BLÖD-"Zeitung" oder zur AfD, um dort zu "kommentieren", ok? - Danke.
Geld in Spezial-Bar-Geld-Westen!
Evtll keine Opa Kowalskis-sondern nichtBaustellentrainierte, sondern Box/Fitnessstudio gestählte Tweens!
Evtll Vorstrafen und spezielle Tatoos
Evtll Fahrzeug mit kritischer wechselhafter Vorgeschichte
evtll keine stichfesten Aussagen zur Herkunft der Geldes und wo es hingehen soll...
sofern überhaupt Aussagen gemacht wurden?!
Evtll ein auf solche Klienten spezialisierter Anwalt...
Das da der Staat das Geld abschöpft...ist doch klar...
Da brauchste wirklich kein Jurist sein sondern nur ein bisserl Lebenserfahrung und Gehirnschmalz einzusetzen.
@ Anonym: Das sind für mich deutlich zu viele "Eventualitäten". In Ermangelung wirklicher Informationen, der WDR hier vorenthält, interessiert mich in diesem Zusammenhang vornehmlich, ob es irgendwelche juristischen "Tricks", Winkelzüge oder gar nachvollziehbare Regelungen gibt, die es dem Staat erlauben, einfach so ein solches Vermögen zu beschlagnahmen. Meines Wissens - ich bitte um Korrektur, falls jemand mehr Infos hat - musste beispielsweise der saubere Herr Schäuble seinerzeit den dicken Geldkoffer nicht abgeben.
Es wäre die Aufgabe eines ernsthaften "öffentlich-rechtlichen" Senders, genau solche Informationen bereitzustellen, anstatt wie gewohnt boulevardeske Nonsens-Meldungen zu verbreiten.
Liebe Grüße!
"Die von vielen Ermittlern erhoffte Beweislastumkehr (Kriminelle müssen die einwandfreie Herkunft ihres Kapitals darlegen) gibt qes zwar in Deutschland nicht,
aber De Maizière wies, zum zweiten, auf die ebenfalls seit 1. Juli 2017 geltende Beweislasterleichterung hin....
Überrascht waren wir von den konträren Positionen, die auf unserer Konferenz vertreten wurden.
Ein beispiel: Peter Henzler, Vizepräsident beim BKA, konstatierte nur kleine Lücken in der deutschen Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung;
Giuseppe lombardo, Staatsanwalt aus Reggio Calabria, sagte, die ’ndrangheta brauche kein Geld in Koffer packen und es nach Deutschland bringen, um es zu waschen, denn sie hat Banken."
Quelle:http://mafianeindanke.de/category/beschlagnahme/
Wenn man sich überlegt wie schwer es den deutschen Behörden fiel Anfang der 80er den Begriff der niedlichen Bandenkriminalität zumindest teilweise gegen Organisierte Kriminalität auszutauschen,weiss das im saubren Deutschland eigentlich keine O.K. gibt!
@Anonym hat gesagt: "Die von vielen Ermittlern erhoffte Beweislastumkehr (Kriminelle müssen die einwandfreie Herkunft ihres Kapitals darlegen) ...."
Hier geht es doch gar nicht um Kriminelle, sondern um zu Unrecht Beschuldigte die schließlich freigesprochen wurden. Ich finde das auch sehr befremdlich was Charlie hier ausgegraben hat!
Also wie war das mit AlCapone oder andern Verbrecher-keine aussagewilligen Zeugen
( nichtBaustellentrainierte, sondern Box/Fitnessstudio gestählte Tweens!
Vorstrafen und spezielle Tatooss sorgen irgenswie für Schweigsamkeit,seltsam sehr müsteriös)
oder Geständnisse,die Gerichtstauglich sind
aber keine Steuern bezahlt trotz nachweislichen hohen Bargeldflusses-
da geht man den Leuten an die Kohlen,ganz einfach!
Opa Kowalski hat eher Angst vor solchen Leuten als vorm Staat!
Und wie bitteschön kommt der Staat an Infos über Opa Kowalsksi Kohle..
Jemand ruft das Finanzamt/Zoll an..
Und Warum ruft jemand das F-Amt an-weil er/sie sich benachteiligt fühlt.
Ganz einfache Regel: Haste viel nicht ganz saubres Geld und willstes behalten,
behandele dein Umfeld gut oder kontrolliere es!
Alles andere ist idealistischer nicht in der Realtität funktionierender Mumpitz.
Und ein guter Steuerberater/Anwalt schadet auch nicht!
Richtig reiche Leute,die Reich bleiben wollen machen das so ;-)
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