(...) Reden wir, wenn wir über Superreiche sprechen, über die unersättlichen Bank- und Industriemanager, deren Millionengehälter gedeckelt werden sollten? Sicher auch. Aber das sind angesichts der Dimensionen, die sich uns heute erschließen, immer noch kleine Fische. Chrystia Freeland, Geschäftsführerin und Redakteurin der Abteilung "Verbrauchernachrichten" bei Reuters, regelmäßiger Gast des Weltwirtschaftsforums in Davos, hat im Oktober 2012 ein Buch unter dem Titel "Plutocrats. The Rise of the New Global Super Rich and the Fall of Everyone Else" (Die Plutokraten. Der Aufstieg der neuen, globalen Superreichen und der Absturz von allen anderen) veröffentlicht, in dem sie die Dinge auf den Punkt bringt: "Zivilisten – das heißt alle diejenigen, die nicht an der Wall Street oder in Silicon Valley arbeiten – denken wohl, dass die 68 Millionen Dollar Jahreseinkommen des Chefs von Goldman Sachs, Lloyd Blankfein, kurz vor der Bankenkrise oder der 100-Millionen-Dollar-Bonus im Jahre 2008 von Andrew Hall, dem Derivate-Spitzenhändler von Citigroup, fürstliche Einkommen sind. Auf der Wall Street selbst aber betrachten sich sogar solche Topangestellten börsennotierter Unternehmen als kleine Mitläufer im Vergleich zu den Chefs von Hedge-Fonds, Venture-Kapital-Firmen und nicht öffentlich gelisteten Privatunternehmen."
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Anmerkung: Schon wieder ein etwas längerer Text, der es aber einmal mehr in sich hat und den ich zur allgemeinen Pflichtlektüre erheben möchte: Der Soziologe Hans Jürgen Krysmanski hat damit die Quintessenz seines Buches "0,1% – Das Imperium der Milliardäre" geschrieben, die mich ängstlich und ratlos zurücklässt. Die Zukunftsszenarien, die in diesem Text angerissen werden und größtenteils bereits im vollem Gange sind, sind pure Dystopien, die von Faschismus, Not, Elend, Leid und Tod erzählen und in dem Fazit münden:
"In dieser Lage versuchen die Geldeliten sich zu verselbstständigen. Sie beginnen im wahrsten Sinne des Wortes, auf eigene Faust mit Söldnerarmeen sowie privaten Polizei- und Geheimdiensten zu operieren, denn Klimawandel, Ressourcenprobleme und wachsende, unumkehrbare Arbeitslosigkeit deuten auf ein kommendes globales Szenario nackter Überlebenskämpfe. In einer solchen Rette-sich-wer-kann-Welt werden neue und neuartige Klassenkonflikte entstehen. Und wir alle kommen letztlich nicht darum herum, an ihnen teilzunehmen."
Das klingt alternativlos - und angesichts der furchtbaren Faktenlage fällt es auch mir extrem schwer, Alternativen anzudenken. Eigentlich fällt mir da nur die Abschaffung des Superreichtums ein, also die Enteignung dieser 0,1 Prozent. Damit wären die gröbsten Probleme und Missverhältnisse im globalen Maßstab erst einmal entschärft. Wie und vor allem mit wem soll so etwas aber global umgesetzt werden? Der Autor weist ja explizit darauf hin, dass die "politischen Eliten" (womit die jeweiligen etablierten Parteien der verschiedenen Staaten samt der staatlichen Institutionen gemeint sind) ein fester, integrierter Bestandteil der "Ringburg" der Superreichen sind, die dem Reichtums- und Machterhalt dieser verschwindend kleinen Minderheit dient.
Veränderungen können also nur von außen kommen - zu diesem offensichtlichen Schluss kommen auch die im Text zitierten "Militärexperten" - und es kann nicht überraschen, dass es eben Militärs sind, die da im Regierungsauftrag "geforscht" haben und nicht etwa Soziologen oder andere Gesellschaftswissenschaftler. Und so erschließt sich auch sofort, weshalb es auch heute schon bei Demonstrationen immer wieder zu eskalierender, extremer Polizeigewalt kommt, die offenbar einzig dem Zweck dienen soll, jene Veränderungen von außen möglichst frühzeitig schon im Keim zu ersticken. Es bedarf keiner großartigen geistigen Leistung um zu erkennen, dass all dies nichts, aber auch gar nichts mehr mit Demokratie oder einer "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" zu tun hat.
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