Mittwoch, 9. Dezember 2009

In der Wirtschaftskrise sinkt die Solidarität

Feindbilder gewinnen an Stärke, Diskriminierung nimmt zu. Warum sich die Menschen in Apathie und Resignation flüchten. (...)

[Das Forschungsprojekt der insgesamt 15 Wissenschaftler um den Bielefelder Soziologen und Konfliktforscher Wilhelm Heitmeyer] erforscht seit 2002, welchen Vorurteilen und Diskriminierungen schwache Gruppen in der deutschen Gesellschaft ausgesetzt sind und hat dafür das "Syndrom der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" entwickelt. Übersetzt heißt das, dass Feindbilder gegenüber Schwachen oder gesellschaftlichen Minderheiten miteinander zusammenhängen. Wer etwas gegen Schwule hat, neigt auch eher zu Fremdenfeindlichkeit oder zur Diskriminierung von Behinderten und Langzeitarbeitslosen.

Der aktuelle Jahresbericht, den das Forscherteam an diesem Freitag in Berlin präsentiert, kommt zu einem alarmierenden Befund: Unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise bröselt der gesellschaftliche Zusammenhalt, werden zentrale Normen wie Solidarität, Gerechtigkeit und Gleichwertigkeit von Menschen in Frage gestellt. So glauben fast 65 Prozent derjenigen Befragten, die sich von der aktuellen Krise selbst betroffen fühlen, dass in Deutschland zu viele schwache Gruppen mitversorgt werden müssen. (...)

Die Forscher sehen in dieser Teilnahmslosigkeit "Anknüpfungsmöglichkeiten für rechtspopulistische Mobilisierer" - die es in manchen Nachbarländern längst gibt. Es bestehe die Gefahr, "dass feindselige Mentalitäten den trügerischen sozialen Frieden von innen zersetzen". Eigentlich müssten die jährlichen Berichte des Heitmeyer-Teams die Politiker elektrisieren. Doch davon spürt Heitmeyer wenig. Otto Schily habe als Innenminister wenigstens "öfter nachfragen lassen", sagt Heitmeyer. "Von Seiten der CDU gab es wenig Interesse."

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