Sonntag, 1. August 2010

"Bürgerarbeit": Die Fortführung der Zwangsarbeit

Das Modell der "Bürgerarbeit", welches die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen derzeit als großen Fortschritt preist, ist eine Fortführung der Ein-Euro-Jobs - wobei es ein paar Unterschiede gibt: Zum einen waren Ein-Euro-Jobs befristet (im Mittel betrug die Einsatzzeit sechs Monate), zum anderen wird bei der "Bürgerarbeit" ein Arbeitsvertrag zwischen dem bisher Arbeitssuchenden und dem neuen Arbeitgeber geschlossen. Zu diesen Arbeitgebern sollen laut den offiziellen FAQs des Bundesarbeitsministeriums auch Gemeinden, Städte und Kreise sowie Wohlfahrtsverbände und Vereine zählen. Doch wie auch bei den Ein-Euro-Jobs stellt sich die Frage, wer hier inwiefern überhaupt gefördert wird. (...)

Bis zu drei Jahre soll eine solche "Bürgerarbeit" dauern, die letztendlich den Arbeitssuchenden in ein Billiglohnverhältnis zwingt. Hier aber zeigt sich endgültig die Heuchelei der Apologeten dieses Projektes, denn der Arbeitnehmer (der immerhin bis zu drei Jahre lang 30 Stunden pro Woche arbeitet) erhält durch diese Tätigkeit keine neuen Ansprüche auf Arbeitslosengeld. Obgleich er also fast eine Vollzeitstelle bekleidet und ständig durch Sanktionsandrohung "motiviert" wird, werden diese Monate der Vollzeitbeschäftigung nicht einmal als reguläre Tätigkeit angerechnet, sondern wie eine Trainingsmaßnahme oder ähnliches behandelt. (...) Dass hier also nicht wirklich angedacht ist, jemanden in den regulären Arbeits"markt" zu integrieren, liegt auf der Hand.

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Anmerkung: Sie machen einfach immer weiter. Da ist auch im Angesicht der Finanzkrise, beim Blick auf Griechenland, Portugal oder Spanien kein Innehalten zu bemerken, keine Zeit des In-sich-Gehens, keine kritische Analyse der Auswirkungen der bereits erfolgten Deformationen des Sozialstaats ... - Wer da noch an die Mär glauben will, diese Bande handle zum Wohl und im Interesse der Allgemeinheit, muss taub und blind sein. Durch jeden einzelnen ihrer geplanten Schritte - sei es nun die "Gesundheitsreform", die weitere Beteiligung am Krieg, die "Bürgerarbeit" genannte Zwangsarbeit oder was auch immer - zeigt die neoliberale Bande, dass ihr das Wohl der Menschen in diesem Land am Arsch vorbeigeht, während ihre Köpfe im selbigen des Kapitals feststecken.

Was bei diesem Thema der "Bürgerarbeit" aber gerne und oft vergessen wird (auch im obigen Artikel), ist der Skandal, dass durch diese Umwandlung der ehemaligen Ein-Euro-Jobs in "Bürgerarbeit" ein wichtiges Kriterium wegfällt, das in der Vergangenheit die allerschlimmsten Auswüchse verhindert hat, nämlich das der "Zusätzlichkeit". Wenn von der Leyen sich durchsetzt und dieses perfide Konzept Wirklichkeit wird, können Arbeitslose künftig in allen Bereichen (und natürlich auch in der Wirtschaft) als Zwangsarbeiter für Niedriglöhne eingesetzt werden. Und der so "regulär" Beschäftigte erwirbt durch seine Arbeit noch nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld, so dass er im Anschluss gleich wieder von den Hartz-Behörden weiter schikaniert werden kann. - Wer denkt sich sowas aus??

Da bekommt die "Elite" feuchte Augen und sieht paradiesische Zustände auf sich zukommen. Und jeder Noch-Inhaber eines regulären Arbeitsplatzes sollte sich warm anziehen, denn die erzwungene Billiglohn-Konkurrenz steht mit dem staatlichen Gewehrlauf im Rücken vor seiner Tür.

1 Kommentar:

Manfred hat gesagt…

Richtig erkannt!

Besonders hanebüchen wird das Modell bei allen Leuten, die sich aufgrund des feststehenden Betrags von 900 Euro Pseudo-Brutto für die Bürgerarbeit schon vor Abzug der verbliebenen Sozialversicherungsbeiträge schlechter stellen als mit Hartz IV selbst. Glauben die, ich suchte Arbeit???

In diesem Zusammenhang erinnere ich gerne an die arbeitslose Leidensgenossin Carola Vollmer, die von Prof. Paul Nolte im Illner-Talk mit der Aussage bedacht worden war, Leute wie sie wären ja froh um jede Arbeit - woraufhin sie ihn nicht einmal mehr ausreden ließ, sondern ihm in die Seite knuffte und das energisch von sich wies! Der Historiker Paul Nolte steht offenkundig auf dem prähistorischen Standpunkt, dass, wer arm und arbeitslos ist, auch schwach sei...