Dienstag, 16. August 2016

Deutsche Fantasien: Big Assholes are watching you


Unsere geliebte Bundesregierung Das menschenfeindliche, korrupte Regime des Kapitalismus' gibt bekannt: Freiheit war gestern (auch nur auf dem Papier), heute ist endlich die totale Überwachung modern. Die korrupte Bande hört nicht auf - schon liegt der nächste Schritt in den Orwell'schen Totalüberwachungsstaat auf dem Tisch, und die willfährigen Schergen des Katastrophenministers Thomas "die Misere" haben dem widerlichen Plan (pdf; Vorsicht: Link geht zu den Überwachungsfetischisten beim BMI) wieder einen höchst erfreulichen, euphemistischen Titel verpasst, an dem nicht nur blutrünstige Diktatoren ihre helle Freude hätten: "Geplante Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Deutschland" nennen sie dieses Schmutzpaket, das unter anderem eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung aller Telekommunikationsdaten aller BürgerInnen, eine "Entzifferung verschlüsselter Daten", eine vermehrte "intelligente Videotechnik" im öffentlichen Raum, eine anlasslose Auslesung und Speicherung von KFZ-Kennzeichen und vieles mehr vorsieht. Sämtliche Pläne sind selbstredend grundgesetzwidrig - etwas anderes sind wir von dieser verkommenen Bande ja gar nicht gewohnt.

Bislang war beim Thema Überwachung stets nur von den sogenannten "Metadaten" die Rede, die "harmlos" seien - die geplante "zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (Zitis)", die verschlüsselte Daten dechiffrieren soll, belehrt uns nun eines Besseren: Selbstverständlich will die Bande komplett alle Daten inkl. der Inhalte überwachen und speichern - altertümliche Relikte wie das Telekommunikations- oder Briefgeheimnis, die es auch in Westdeutschland im Übrigen nie wirklich gab, sind künftig auch offiziell obsolet. Demnächst lesen also nicht mehr nur NSA & Co. die privaten E-Mails aller BürgerInnen, die von deutschen "Sicherheitsbehörden" dann erst umständlich "angefordert" werden müssen - nein, man will in Deutschlands Behörden auch selber mitlesen und stets wissen, was Klara Kunz dem Heinz Hinz so alles mitzuteilen hat.

Auch die Überwachung und Speicherung von KFZ-Kennzeichen, die heute schon in sogenannten "Ausnahmefällen" - also immer dann, wenn irgendwelche Polizei- oder Geheimdienstspinner das für "richtig" halten - stattfindet, ohne dass groß darüber berichtet wird, ist selbstverständlich grundgesetzwidrig. Wer heute noch immer glaubt, dass auf die Datenmassen, die von den flächendeckend installierten Mautstationen auf den Autobahnen aufgezeichnet werden, von Seiten der Polizei und Geheimdienste nicht regelmäßig zugegriffen wird, darf auch weiter CDU oder AfD wählen und sich Sektkorken in die Augen und Ohren stopfen, bis es blutet.

Eine gruselige Zusammenfassung der widerwärtigen Pläne kann man bei Zeit Online nachlesen, wo es unter anderem heißt:

Das BKA soll wiederum seine Fähigkeiten beim Einsatz neuer biometrischer Verfahren verbessern. "Das Lichtbild und Gesichtserkennungssysteme sollen perspektivisch mit einer vergleichbaren Zuverlässigkeit wie der Fingerabdruck zur Identifizierung einer Person beitragen", heißt es.

Mit anderen Worten: Mithilfe der "intelligenten Videotechnik" [sic!] will die Bagage ein Überwachungssystem installieren, das dem Staat unverzüglich Auskunft darüber erteilt, wie die im Video erfassten Menschen heißen und welche Vergehen sie sich haben zuschulden kommen lassen. Bezüglich der Verknüpfung verschiedenster Datenbanken sind der Fantasie der Überwachungsfetischisten hier keinerlei Grenzen mehr gesetzt: Einwohnermeldamt, Verkehrsregister, Polizei, Geheimdienste, Krankenkasse, Banken, Gerichte ...

Selbstverständlich darf in diesem Zusammenhang auch das ominöse "Darknet" nicht fehlen, das es bislang bloß laut Hörensagen gibt und dessen Existenz ich - zumindest in der kolportierten Form - für mehr als zweifelhaft halte. Trotzdem bietet dieses Szenario, das eher der Science Fiction bzw. Hollywood zuzurechnen ist, der Bande einen willkommenen Anlass zur Begründung ihrer widerlichen Überwachungsfantasien. Wenn es nicht genug zurechtgebogene Gründe gibt, muss man eben noch welche herbeifantasieren, um den bröckelnden Anschein der Rechtsstaatlichkeit zu wahren, wenn man die letzten Fragmente der Freiheit entsorgen möchte.

Die schauderhafte Dystopie, auf welche diese Katastrophenbagage mit Siebenmeilenstiefeln gezielt und bewusst zusteuert, ist nicht meine Welt.


Thomas albträumt und hat einen Orgasmus - endlich mal.

6 Kommentare:

altautonomer hat gesagt…

Da fällt mir nicht mehr viel zu ein. Außer: Pokemons im (Darknetz - ähm..)Darkroom wäre doch auch nett. Ich will damit sagen, dass neuerdings Invasionen von jungen Menschen mit Smartphon vor der Fresse in Grüppchen durch die Landschaft, über Friedhöfe und um Stauseen streifen und sich das Hirn wegbrennen lassen, ohne zu ahnen, wem sie sich damit ausliefern. Ich halte die freiwillige Preisgabe von intimen und persönlichen Daten (Fitnesstracker, facebook etc.) für ebenso gefährlich, wie die staatliche Ausweitung der Überwachungstechniken.

Anonym hat gesagt…

@altautonomer,
ja, die Smarten rennen verzückt durch ihr Leben, plappernd vernetzt, allzeit bereit.
Ich höre unterwegs zwangsläufig mit, erstaunt über smarte Körperakrobatik sowie Gesichtmuskelzucken.
Am schlimmsten sind die Breitbeinsteher im Anzug von C&A, danach folgen die Schlurfer in Turnschlappen.
Einen Smarten erkennt man daran, dass er im Zehn-Sekunden-Takt seine ausgebeulte Gesäßtasche befingert, ein Blödphone zückt, anstarrt, streichelt und gelangweilt zurücksteckt. Rund um die Uhr – Exhibitionismus mit monatlicher Teilhabegebühr und coolen Apps.
Da lacht jeder Spanner vom Dienst, wertet aus was angeboten wird.

@Charlie,
die beobachten mich sogar, wenn ich meine Armutsbezüge aus dem Bankautomaten ziehe.
Jedenfalls bin ich immer pünktlich, man kennt mich schon aus kilometerlangen Filmrollen. Darf nur nicht auffällig um mich blicken, dem versteckten Auge an der Decke einen herzlichen Stinkefinger zeigen, meine Kontoauszüge fressen.
Wer einen Kontoauszug verschluckt, ist wohl ein armes Schwein oder ein Betrüger. Überlassen wir jegliche Deutung den Spezialisten.
:-)

Unknown hat gesagt…

Einverstanden, was die Schnüffelgesellschaft angeht. Aus meiner Sicht: hey, immerhin nimmt mich überhaupt jemand wahr. Das mag dumm und unreflektiert klingen aber ist nun mal ein menschliches Grundbedürfnis. Und je weniger Gesellschaft, desto mehr Vernetzung. Da nehme ich Überwachung in kauf, wenn es bedeutet, ich kann weiterhin ein Teil der Menschheit bleiben. Wie es - ausgerechnet - im Computerspiel "Deus Ex" so schön thematisiert wird - KIs werden zu unseren Göttern, weil wir jemanden, irgendwen brauchen, der auf uns aufpasst.

Aber die Smartphonedisse liest sich ein bisschen wie vor 20 Jahren (damals natürlich die monochromen Knochen). Möglich, dass der dysfunktionale Gebrauch dieser Geräte ein psychologisches, gesellschaftliches, kein technologisches Problem ist? Ich wette, auch in einem komplett analogen Leben fänden sich ähnliche Verhaltensweisen im Dutzend, würde man es verhaltenspsychologisch aufdröseln.

Das bunte LCD macht es einfacher und zugänglicher, gar keine Frage. Deshalb verbringen Leute ja auch weit eher ihre Nächte vor WoW als mit einem Brettspiel ^^

Charlie hat gesagt…

@ nurbsi: Zum Thema Dumpf-Phone hat der gute Enzensberger bereits vor über zwei Jahren alles aus meiner Sicht Relevante gesagt.

Wenn ich nun aber Sätze wie diesen lese: "Da nehme ich Überwachung in kauf, wenn es bedeutet, ich kann weiterhin ein Teil der Menschheit bleiben", läuft mir ein eisiger Schauer über den Rücken und ich frage mich verzweifelt, wie man in ein solches, aus meiner Sicht abwegiges Denkmuster geraten kann. Kannst oder magst Du mir das erklären?

Ich persönlich (ich kenne das Spiel "Deus Ex" nur vom Hörensagen) brauche jedenfalls ganz gewiss niemanden, der auf mich aufpasst - und irgendwelche ominösen Götter (um Himmels Willen!) brauche ich erst recht nicht. ;-) Da ist mir doch ein gepflegter Fußpilz oder eine chronische Darmerkrankung lieber.

Was die Brettspiele betrifft, irrst Du dich aber: Diese erfreuen sich nämlich nach wie vor einer großen Beliebtheit, und auch ich würde nur allzu gerne so manchen langen Abend damit verbringen, wenn es denn genügend MitspielerInnen in meinem - alters- und berufsbedingt leider weit verstreuten - räumlichen Umfeld gäbe.

Dass menschliche Dummheit unabhängig von irgendwelchen technischen Spielereien stets existiert hat und wohl auch - zunehmend - weiter existieren wird, kann doch kein Argument für den Überwachungsfetisch der kapitalistischen Bande oder für den kritikfreien Gebrauch ihrer perversen Wanzen sein?!?

Ich kann mich hier nur Enzensberger anschließen: "Wehrt Euch!"

Liebe Grüße!

Unknown hat gesagt…

Oh, da hab' ich mich anscheinend missverständlich ausgedrückt - sollte eher rüberbringen, dass ich das Verhalten vieler Menschen nachvollziehen kann. Bisschen zugespitzt, deshalb kam es rüber als wäre das meine persönliche Haltung?

Überwachung: sich dagegen zu wehren kostet sehr viel Kraft. Und die aufzubringen ist nicht jeder und jedem gegeben. Dafür muss einen das Thema wirklich sehr berühren. Ich meine emotional. Dass es uns alle angeht und berühren SOLLTE, versteht sich von selbst.

Ich muss mich um Verschlüsselung kümmern, vorzugsweise komplett auf Mobilfunk verzichten und wenn, dann keine der geläufigen Kommunikationsplattformen verwenden, möglichst eine sichere Linux-Distribution nutzen, dann vielleicht noch TOR? Oder einen kostenpflichtigen Proxy? Denn mir scheint, entweder ganz oder gar nicht - wenn ich mich nur ein bisschen kümmere, kann ich auch gleich die Hose ganz runterlassen.
Der ganze Netzkram ist soziale Teilhabe, mal mehr, mal weniger. Hängt sicher auch stark von Milieu und Alter ab.

Deshalb, so meine küchensoziologische Erklärung: selbst wenn ich mir der Problematik bewusst bin, die Abwägung, die abstrakt scheinende Gefahr von Überwachung ("Ich hab' ja nix zu verbergen") hinnehmen oder mein soziales Umfeld massiv einschränken? (da habe ich konkret Jugendliche vor Augen, aber auch Leute in meinem Alter (~30))
Ich kann natürlich zu einem Teil nur für mich selbst sprechen aber häufig scheint mir die Hürde, Kontakte zu pflegen oder auch aufzunehmen über "soziale" Netzwerke weit geringer als im RL - von dem Versprechen, wahrgenommen zu werden ganz zu schweigen.

Götter: ich gönne es Dir von Herzen, so viel Selbstwert und Identität zu haben, dass Du keinen Aufpasser brauchst :)
Das ist aber weiss Gott *hur-hur* vielen nicht gegeben. Nein, ich begrüße es nicht, dass wir uns Validierung in irgendwelchen fiesen Ideologien suchen, aber wenn es an anderer Stelle fehlt und gefehlt hat, klammern wir uns an den erstbesten Scheiss.
Siehe 16jährige, die nach Syrien zum IS gehen, Frauen, die ihre geistesgestörten Schlägertypen nicht verlassen usw. usf. (wer mir daraus eine Entschuldigung für Nazis strickt, kriegt eine große Tüte extraweiche Godwins)

Brettspiele: Missverständnis - ich weiss, dass das immer noch groß ist und finde "analoges" Spielen viel, viel schöner als am Computer. Aber ich hatte mich da eher auf dysfunktionale Mediennutzung (denn darum geht es ja sehr oft, auch bei "sozialen" Netzwerken) bezogen, wo es vor allem um eine Betäubung und Realitätsflucht geht. Und da bietet sich ein schnell und unkompliziert zugängliches Videospiel natürlich eher an als ein Brettspielabend oder eine P+P-Nacht.

Was ich eigentlich sagen will: ruft auf zum Widerstand und Wandel, aber habt ein bisschen Nachsicht mit den Leutchen - einfach nur leben ist oft genug ein ausreichend ätzender, kraftraubener Scheiss, auch ohne dass einer dicke Bretter bohren geht. Aber das das wisst ihr ja eh selber.

Charlie hat gesagt…

@ nurbsi: Oh, danke für die Klarstellung - offenbar habe ich Dich tatsächlich in Teilen missverstanden.

Zum Thema des "sicheren" Surfens: Du kannst Dir einen vorkonfigurierten TOR-Browser aus dem Netz laden (beispielsweise diesen hier, der auch via USB-Stick benutzbar ist). Damit bist Du zwar nicht vollkommen gegen Überwachung geschützt, kannst aber immerhin etwas gelassener bleiben, weil der geheimdienstliche Aufwand, einen Benutzer dieses Browsers vielleicht doch zu identifizieren, schon recht groß ist, so dass das im Normalfalle eher nicht geschehen wird. Dafür benötigt man keinerlei Fachkenntnisse - man kann das Ding einfach wie jeden anderen Browser benutzen. Der Nachteil ist die eher langsame Verbindung, so dass sich das beispielsweise für Videos oder Downloads nicht eignet. - Wenn ich aber beispielsweise ein pdf des BMI (siehe Link im obigen Blogposting) lesen möchte, benutze ich immer meinen TOR-Browser, da ich nicht das geringste Interesse daran habe, dass meine IP in deren Log-Dateien gespeichert wird.

Auch für Linux gibt es vorkonfigurierte Systeme, die man herunterladen und - auch parallel zu Windows - als Betriebssystem nutzen kann. Auch dafür benötigt man kein Fachwissen - "Linux Mint" ist ein Beispiel dafür. Das lässt sich alternativ auch über CD starten, so dass überhaupt keine Spuren der jeweiligen Internetsitzung auf dem eigenen Rechner zurückbleiben - das jedenfalls ist mein aktueller Wissensstand.

So furchtbar schwierig oder gar aufwändig ist es gar nicht, mit der Gegenwehr zumindest einmal zu beginnen. :-)

Mein letztes Handy habe ich vor einigen Jahren in einen See geworfen. Ich brauchte und brauche das nicht - wieso sollte ich also eine solche staatliche Wanze besitzen und dafür auch noch bezahlen? Aber das muss freilich jede/r für sich entscheiden.

Ich habe mir nach der Lektüre Deines Kommentars einige Gedanken zum Thema "Nachsicht" gemacht - und muss konstatieren, dass mir diese bezüglich der staatlichen Überwachungsfantasien wohl abhanden gekommen ist: Selbstverständlich sind die allermeisten Menschen mit ihren persönlichen, zum Teil auch sehr dramatischen Problemen des Lebens und Überlebens beschäftigt - ich bilde da wahrlich keine Ausnahme -, aber das darf doch nicht dazu führen, dass man totalitäre Entwicklungen nicht mehr wahr- oder ernst nimmt. Genau darauf spekuliert die korrupte Bande doch - auf diese Weise kann sie ihre perversen Konzepte Schritt für Schritt in die Tat umsetzen, ohne dass es einen großen Aufschrei gibt.

Liebe Grüße!