Von der FDP ist man ja so einiges gewohnt: Vom schmierigen Teppich-Schmuggler Niebel, über den staatlich Zwangsverarmte der spätrömischen Dekadenz bezichtigenden Westerwelle, den ewig pubertären Aktenkofferträger Lindner bis hin zur offen Sitzungsgelder abzockenden EU-Schwänzerin Koch-Mehrin war schon alles und noch viel mehr dabei. Diese Parteisimulation, die tatsächlich bloß ein offen korrupter Lobbyverein ist, kann aber auch heute noch ungläubiges Kopfschütteln hervorrufen, wie gerade beim WDR nachzulesen war:
Personalengpässe an Schulen in NRW sollen nach den Vorstellungen von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) vorübergehend mit Fachkräften aus der Wirtschaft überbrückt werden.
Ja, wenn das mal nicht eine richtig gute, sehr rückwärtsgewandte Idee ist: Wer sollte den SchülerInnen auch besser die kapitalistische Indoktrination verpassen als pädagogisch völlig unbedarfte "Fachkräfte" [sic!] aus den Reihen der Habgierigen? Schließlich sollen aus "unseren" lieben Kindern ja keine guten oder gar kritischen, eigenständig denkfähigen Menschen, sondern verdummte SklavInnen werden, die lediglich dem Konsum-, Arbeits- und Eigenverantwortungswahn frönen und ansonsten nichts zu sagen haben, das über Schminke, Mode, Trash und Trends hinausgeht.
Da passt wieder einmal der kapitalistische Arsch auf den verkeimten Kackeimer, dass es eine wahre Wucht ist; und folgerichtig findet auch der Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwestfalen:
"Das ist eine sehr gute Idee" (...). "Wir fordern als IHK schon lange, dass man das Thema Wirtschaft stärker in den Unterricht miteinbezieht." Fachkräfte aus der Wirtschaft als Lehrer einzusetzen, sei eine Möglichkeit. Die Kosten für den Einsatz müsse allerdings die öffentliche Hand tragen.
Selbstverständlich muss der Steuerzahler die Kosten tragen – wo kämen wir denn auch hin, wenn stumpfe kapitalistische Propaganda zugunsten der "Wirtschaft" auch von ebenjener bezahlt werden müsste! So etwas Widersinniges, geradezu Blasphemisches gibt es im strahlenden Kapitalistan von Kim jong Merkel & Co. nicht.
Wieso ist hier eigentlich nirgends die Rede von den vielen arbeitslosen oder nur prekär und in ständiger, meist durch Ferien unterbrochenen Teilzeit beschäftigten Pädagogen? Gibt es die im wirren FDP-Universum gar nicht oder sind die alle derartig "linksgrünversifft", so dass man sie nicht beschäftigen oder ordentlich bezahlen und entsprechend sozial absichern will? Das ist freilich eine böse Unterstellung meinerseits – wahrscheinlich weiß die arme Frau Gebauer, die ja nichts anderes kennt als die knochenklappernde FDP-Hölle, einfach nichts von deren Existenz. Da muss man also rücksichtsvoll sein.
Dazu passt wunderbar, dass dieselbe Dame auch erwägt, "Schulrankings" in NRW einzuführen. Schließlich brauchen wir nichts dringender als ein deutliches Unterscheidungskriterium, damit "Elite-Schulen" für Reiche von heruntergekommenen, abrissreifen Abstell-Buden für den dummen Rest der Blagen von überflüssigen Habenichtsen endlich klar voneinander abgegrenzt werden können. "Schulrankings"! Mir fällt bei dieser Vorstellung mehr halbverdautes Essen aus dem Gesicht, als ich gestern zu mir genommen habe. Und das ist eine höchst diplomatische Wortwahl.
Wahrlich, die FDP hat in den Jahren der ungewollten und einen leichten Aufatmungsreiz verursachenden Parlamentsabstinenz nichts von ihrem heißen, erotisch stimulierenden, sado-masochistischen Charme verloren.
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Die abgebauten Junglehrer
"Sie müssen Ihre Existenz dem Staatswohl opfern, meine Herren! Analphabeten lassen sich leichter regieren, und die Notverordnungen werden sowieso durch den Rundfunk bekannt gemacht."
(Zeichnung von Wilhelm Schulz [1865-1952], in "Simplicissimus", Heft 29 vom 19.10.1931)
5 Kommentare:
@ Charlie:
Du hast es ja schon angesprochen: Es ist eine ziemliche Sauerei angesichts dessen, dass nun schon Lehrer in die prekäre Befristungsmühle gestoßen werden. Das Allerletzte, da auch noch das Lied vom "Fachkräftemangel" anzustimmen.
Allerdings, wie immer, ist das Problem noch wesentlich vielschichtiger. Ich kenne Studies für's Lehramt, die waren hoch motiviert, sind aber ernüchtert aus dem Referendariat gekommen - alte Lehrer(innen), die Null Bock auf Neues haben, Lehrer-Hick-Hack an der Schule, verkrustete Strukturen etc. Dann kommt halt die Überbelastung hinzu - ist ja auch klar, wenn das Land am Personal spart, die Arbeit muss ja irgendwo hängen bleiben... Unzufriedene Eltern, zum Teil zu Recht, zum Teil aber auch auf Grund kapitalistischer Verwertungstretmühle und/oder Dreistigkeit mit Anwälten drohend.
Und außerdem fällt auch wieder mal eine Diskrepanz zwischen "ökonomisch verwertbaren" Fächern (Mathe, Naturwissenschaften etc.) und eher "schöngeistigen Fächern" (Deutsch, Gesellschaftskunde, Kunst, Musik etc.) auf. Wenn Du mal schaust, wer mit guten Konditionen (z.B. "Buschzulage", Verbeamtung etc.) gelockt wird, dann sind das idR jene, die die "verwertbaren" Fächer lehren.
Jetzt kann mensch sagen: Jau, so ist halt Marktwirtschaft. Mag schon sein. Ist trotzdem das Letzte für die Belegschaft, in die ein dicker, fetter Keil geschlagen wird. Geradezu eine Steilvorlage dafür, wie mensch es eigentlich nicht machen sollte, wenn's um ein - oh Got, ein sozialisisches Wort - Lehrer(innen)-Kollektiv geht, das auch wie ein Kollektiv funktionieren soll.
Aber was reg' ich mich auf. Der Karren steckt im Dreck...
LG
Arbo
Schöner Beitrag!
@Arbo
Richtig! Und nicht zu vergessen, die Verbeamtung. Da nehmen Lehrer aus anderen Bundesländern (wenn sie umziehen) ihren Beamtenstatus mit in ein Bundesland, in denen Lehrer nicht verbeamtet werden (beispielsweise Berlin). Die bekommen dann nicht nur 300-500 Euro Netto mehr, sondern später auch noch die Pension, statt der kümmerlichen Rente.
So entsteht dann ein Kollegium von Lehrern, die befristete Verträge haben, Quereinsteiger oder Angestellte sind und welche, die verbeamtet wurden. "Leisten" tun sie aber alle das Gleiche. Die Folgen: Neid, Missgunst und ein vergiftetes Klima. Perfekte Vorraussetzungen für die Schulbildung, wenn die Lehrer-Solidarität faktisch nicht vorhanden ist. Aber auch das mag System haben. Schließlich sorgt mangelnde Solidarität unter den Lehrern für weniger GEW-Streiks.
Diese Partei hat auch ein paar schöne Hobbies kultiviert, wie z. B. das Fallschirmspringen. Sollte es mit der Politik nicht hinhauen, so kann man ja dort nach Ansätzen schauen.
@ Eike: Ja, das Fallschirmspringen wäre in der Tat ein sehr wünschenswertes Hobby für so manchen Knopfleisten- oder Schlips-Borg; allerdings ist es hier ja wie bei der berüchtigten Hydra: Kaum tritt einer ab, erscheinen wie aus dem Nichts mindestens zwei - oft noch weitaus üblere - Nachfolger. Angesichts der zwielichtigen Gestalten, die sich heute in der kapitalistischen Politiksimulation tummeln, wäre ja sogar ein Möllemann schon fast eine Wohltat.
Liebe Grüße!
Hatte folgendes Bild im Kopp:
Jemand hat was studiert..egal was,jobbt bei Mäckes oder ner sonstigen betriebsratbefreiten Zone und darf dann als preisgünstige "Fachkraft aus der Wirtschaft" in der Schule wirken...
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