Samstag, 12. Juni 2010

Dereguliert bis zur Katastrophe oder: Wie man in der Zeitung kapitalismusfreundlich kommentiert

Gelegentlich schenkt uns die Geschichte erklärende Momente, in denen Zusammenhänge grell beleuchtet werden. So verhält es sich mit den Krisen im Golf von Mexiko und bei Finanzen und Banken. Was beide verbindet, ist ein Krisenkapitalismus, der von einer Katastrophe in die nächste taumelt. (...)

Wie sich die Bilder doch gleichen: In Louisiana durfte die Ölindustrie staatliche Inspektionsberichte gelegentlich selbst ausfüllen, indes die Washingtoner Lobbyisten der New Yorker Banken Gesetze zur Deregulierung entwarfen, die der Kongress prompt absegnete. Das Fazit in beiden Fällen lautet, dass Gewinne privatisiert, Verluste jedoch sozialisiert werden.

Es ist kaum anzunehmen, dass der Ölkonzern BP in der Lage sein wird, für die bereits jetzt gewaltigen Kosten der Umweltkatastrophe einzustehen. Stattdessen werden Steuerzahler sowie die Gemeinden längs der Golfküste für einen Schaden aufzukommen haben, der sich gleichermaßen technologischer Überheblichkeit wie fehlender staatlicher Aufsicht verdankt – ein Paradebeispiel eines Krisenkapitalismus, den es zu reformieren gilt, ehe er uns erledigt.

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Anmerkung: Dieser recht zahnlose Kommentar aus der Basler Zeitung ist symptomatisch für das gesamte Pressesystem - nicht nur in der Schweiz oder in Deutschland. Nachdem zunächst die richtigen Fakten (zumindest teilweise) auf den Tisch gelegt werden, kommt der Kommentator zu dem merkwürdigen Schluss, dass der Kapitalismus "reformiert" werden müsse. Man sitzt ungläubig staunend vor dem immer gleichen Ritual, in welchem mit stoischer Gelassenheit Redakteure weltweit - größtenteils wohl gedrängt von den Medienkonzernen, von denen sie bezahlt werden - immer und immer wieder einzig den Kapitalismus (egal in welcher Form) als "Lösung" erkennen. In dieser Hinsicht wird nichts hinterfragt, nichts diskutiert, über nichts anderes berichtet - der Kapitalismus bleibt in den Medien stets die einzige, alternativlose Form des Wirtschaftens.

Und so mutiert ein zunächst scheinbar kritischer Kommentar am Ende zu einem Rohrkrepierer, der - um bei den im Text genannten Beispielen zu bleiben - weder dem Konzern BP, noch den Banken und den dahinterstehenden Milliardären den Angstschweiß auf die Stirn treibt.

Perfekter könnte die Propagandamaschinerie kaum funktionieren.

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