Donnerstag, 3. März 2011

Über das kommunistische Phantom und kapitalistische Gewalttäter

(...) Seit Marx und Engels 1848 das in Europa umgehende Gespenst identifizierten, sind 163 Jahre vergangen. In diesem langen Zeitraum hat es nirgendwo auch nur an einem einzigen Tag eine Gesellschaftsordnung gegeben, die die Bezeichnung "kommunistisch" verdient hätte. Dabei mangelte es wahrlich weder an Massenbewegungen und herausragenden Persönlichkeiten, die für kommunistische Ideale stritten, noch an Gruppierungen, Parteien und Vereinigungen, die das von der Bourgeoisie meistgehasste Wort im Namen trugen. Was hat es nicht alles gegeben, seitdem sich 1847 die Mitglieder des von Wilhelm Weitling gegründeten Geheimbundes der Gerechten in den Bund der Kommunisten, für den Marx und Engels das Manifest entwarfen, umbenannten: Kommunistische Parteien in nahezu allen Ländern der Erde, die Kommunistische Internationale, das Kommunistische Informationsbüro und vieles mehr. Doch den Kommunismus selbst als "Zustand einer gesellschaftlichen Organisation, in welcher alle menschlichen Kräfte ... in Bewegung gesetzt werden, um jedem Individuum ... die möglichst volle Befriedigung seiner Bedürfnisse, ... den möglichst vollen Genuss seiner persönlichen Freiheit zu sichern" (Weitling), hat es bisher nicht gegeben. Er ist die Vision einer besseren, einer gerechten Zukunft ohne Ausbeutung und Krieg geblieben. Selbst die Wege zu ihr liegen noch immer im Nebel. (...)

Im Unterschied zum kommunistischen Zukunftstraum ist der Kapitalismus seit Jahrhunderten gesellschaftliche Realität, in der die Macht und der Reichtum einer Minderheit auf dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln, auf der brutalen Ausbeutung von Milliarden Menschen auf allen Kontinenten beruht. Immer aufs Neue haben Kapitalismus und Imperialismus die von Marx im "Kapital" und danach millionenfach zitierte wohl bekannte Einschätzung des englischen Ökonomen und Gewerkschafters P.J. Dunning bestätigt: "Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder vor sehr kleinem Profit wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert ..."

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Anmerkung: Lesen, staunen, begreifen. Man muss kein Kommunist sein und auch zu keinem werden, um diese Gedankengänge nachzuvollziehen und zu erstaunlichen Schlussfolgerungen in Bezug auf unsere Wirklichkeit zu kommen, die weit jenseits des kleinen parteiischen Blickfensters zur Welt liegen, das unsere Medien der Bevölkerung anbieten.

Nur ein kleiner Vergleich hilft da schon weiter: Es gibt auch heute noch autoritäre Staaten, die sich auf den Kommunismus und damit auf Marx berufen, wie beispielsweise China. Ein einfacher Blick auf die Realität reicht dabei aus um zu erkennen, dass das, was in China geschieht, das genaue Gegenteil dessen ist, was Marx vorgedacht hat. In China herrscht eine korrupte Scheinelite, die der Ideologie des Neoliberalismus huldigt, um sich persönlich zu bereichern - und gewiss auch, um weltpolitisch mehr Macht zu erlangen. Was unterscheidet die chinesische doch gleich von der deutschen, US-amerikanischen oder englischen "Elite"?

Die albernen Phrasen von der "Freiheit und Demokratie" sollten hier bitte keine Anwendung mehr finden. China ist offensichtlich eine Diktatur (was weder westliche Politiker, noch deren Wirtschaftsbosse davon abhält, dort zunehmend "Geschäfte" zu machen) - die so genannten westlichen Demokratien sind es etwas subtiler. Überall jedenfalls wütet der Kapitalismus ungestört und stürzt immer mehr Menschen in den Abgrund, während es den Kommunismus nirgends gibt und auch nie gegeben hat.

Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass es der Menschheit bisher nur gelungen ist, den Kommunismus in Form von Utopien in Science-Fiction-Welten, wie beispielsweise der Star-Trek-Zukunft, zu verwirklichen. Die Sehnsucht der Menschen nach einer solchen gerechteren Welt ist doch immens - sie dürfte weitaus größer sein als die individuelle, egoistische Gier nach mehr eigenem Besitz auf Kosten der anderen Menschen. Wie kann es sein, dass wir nicht massenhaft den Kopf schütteln, wenn uns genau diese egoistische Gier immer vehementer als "alternativlose" Wirtschafts- und Gesellschaftsform aufs Auge gedrückt und politisch und wirtschaftlich vorgelebt wird? Wer würde denn in seinem Familien- oder Freundeskreis diese neoliberalen "Regeln" anwenden wollen? Nahezu niemand! Aber wir sollen akzeptieren, dass es wirtschaftlich alternativlos sei, wenn ein Unternehmen aus Profitinteressen den einen "Standort" verlässt, tausende Menschen arbeitslos macht und an einem anderen "Standort" dasselbe Werk wieder aufbaut, weil man dort nur den halben Lohn zahlen muss? Und da kommt niemand auf die Idee, dass dieses Verhalten nicht nur verwerflich, sondern grundfalsch ist, weil es erkennbar nicht im Interesse der Menschen ist?

Wofür existiert die Wirtschaft? Laut Neoliberalismus und Kapitalismus ist sie dafür da, die wenigen Reichen zu mästen. Dafür muss der überwältigende Rest des Globus bluten. Sollte es aber nicht vielmehr so sein, dass die Wirtschaft für die Menschen da ist - für alle Menschen? Das Leben auf diesem Planeten läuft vollkommen aus dem Ruder - die Menschen verkommen zu einem Spekulationsobjekt für eine reiche "Elite", die sich ein luxuriöses Leben gönnt, während der große Rest in Abhängigkeit, Verarmung und Versklavung versinkt. Und nebenbei zerstört diese "Elite" auch noch den Planeten.

Die Schlüsselbegriffe sind "Geld" und "Macht". Beides muss abgeschafft bzw. kanalisiert werden - sonst werden wir uns in dieser Abwärtsspirale immer weiter und immer schneller drehen, bis es kein Zurück mehr gibt.

Denken wir an Marx, und denken wir an Star Trek. Die Visionen existieren schon so lange - ihre Umsetzung steht noch immer aus.

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