Mittwoch, 15. November 2017

Die Habgier der Reichen und die kapitalistische Presse


Was jeder bereits gewusst hat, lässt sich nun aufgrund der "Paradise Papers" ve­ri­fi­zie­ren: Das kapitalistische System ist ein "Elite"-System, das sich einzig um die Belange der Superreichen dreht. Diese Erkenntnis kann nun nur geistig Benachteiligte überraschen – und dennoch bleiben die kapitalistischen Medien ihrer Aufgabe treu und berichten brav, wie die Herrschaft es von ihnen verlangt. Ganz abgesehen davon, dass die Bezeichnung "Paradise Papers" bereits zynisch ohne Ende ist – richtigerweise müssten diese Dokumente "Hell Papers" heißen –, bewies n-tv vor einer Woche, wo der freiheitlich-demokratische Hase in Kapitalistan langzulaufen hat.

Neben durchaus korrekten Anmerkungen verwest dieser Artikel durch einen fetten Abschnitt über – ja, man kann sich das kaum vorstellen, aber es ist leider so – den "bösen Russen" vor sich hin. Ich zitiere aus dieser Gedankenfäule hier nicht, da soll sich einjede/r selbst die Hirnrinde beim Lesen verbrennen. Ich frage mich schon lange nicht mehr, wieso in deutschen Qualitätsmedien eigentlich nicht von deutschen, amerikanischen, französischen, belgischen und sonstigen Oligarchen die Rede ist, sondern stets nur von russischen; oder weshalb ausgerechnet das russische Episödchen aus den "Hell Papers" so zentral und ausladend aufbereitet und sogar mit einer eigenen Abschnittsüberschrift ("Spuren nach Russland") herausgehoben wird. Die Antwort liegt ja für alle sichtbar auf der Hand.

Nach wie vor werde ich wohl bis hinein ins Grab nicht verstehen, wieso jemand, der schon hunderte oder gar tausende von Millionen Euro oder Dollar "besitzt" ("ergaunert hat" wäre der passendere Ausdruck), sich dennoch wie von Sinnen darum bemüht, diese absurde, geradezu groteske Summe nicht nur stetig zu vermehren, sondern auch noch außer Landes zu schaffen, damit der Staat auch ja keine Portokassenbeträge vom Profit (nicht von der eigentlichen Summe!) abzieht. Das ist nicht nur absurd, sondern grob pathologisch: Solche Menschen gehören dringend in fachärztliche Behandlung.

Dasselbe gilt freilich für die begleitenden politischen Marionetten: Es ist kein Zufall, dass derlei Machenschaften in Kapitalistan legal sind und – darauf verwette ich meinen Hintern – auch weiterhin legal bleiben. Nach ein paar mehr oder weniger "anklagenden" Berichten in der Systempresse wird man wieder zum Tagesgeschäft übergehen. An den kriminellen Strukturen wird sich nichts ändern, und auch die "Steueroasen", die eigentlich "Steuerhöllen" heißen müssten, werden wie gehabt weitermachen. Wir kennen das Prinzip bereits aus der "Finanzkrise": Es wurde viel geschrieben und noch mehr lamentiert – verändert hat sich am Casinobetrieb und seinen "gesetzlichen Rahmenbedingungen" aber trotzdem nichts (ich wiederhole: NICHTS). Stattdessen darf beispielsweise die griechische Bevölkerung die Zeche für die Superreichen zahlen. Was bedeuten denn schon Obdachlose, Hungernde, Kranke und Alte ohne Krankenversicherung, zunehmende Suizide oder steigende Kindersterblichkeit für die Herren und Damen des Kapitals? Sie nennen es, sofern sie keine erklärten Faschisten sind, vermutlich "Kolleteralschäden" und trinken ein weiteres Glas Champagner, anstatt über ihre eigene Widerwärtigkeit zu reflektieren. Und die Journaille applaudiert brav, konsumiert Lachsschnittchen am Katzentisch und bietet willfährig Nebenschauplätze an.

Der totale Irrsinn ist zur Normalität geworden.

---

Entfettung


"Hier haben Sie eine Mark – und nun verraten Sie mir aber auch, wie Sie es angefangen haben, so schlank zu werden!"

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 21 vom 24.08.1925)

2 Kommentare:

Troptard hat gesagt…

Hallo Charlie,

manchmal habe ich den Eindruck, dass Du den Kritikern des Kapitals, die immer wieder das anprangern, was allgemein als Gier von Personen im Kapitalismus bezeichnet wird, das Du denen gedanklich nicht sehr weit entfernt bist.

Und selbsverständlich werde ich nicht abstreiten, dass diese Gier weitverbreitet unter den sog.Eliten bzw. Kapitaleignern/Unternehmern ist.

Nur noch mal zur Klarstellung, wenn man sich daran noch mal daran erinnern will, wie die sog. "Philosophen" des Bürgertums, der sich verallgemeinernden, warenproduzierenden Gesellschaft das ideologisch in die Allgemeinheit übersetzt haben, dass eben aus dem Streben nach persönlichem Eigennutz, aus dem persönlichen Vorteil, der Wohlstand für alle erwachsen würde.

Nur weil wir heute ziemlich genau wissen, zumindest als kritische Beobachter des Kapitals, das die warenproduzierende Gesellschaft, sich selbst immer wieder in die Krise stürzt und dass die darauf folgende Krise, die vorhergehende noch einmal übertreffen wird, deshalb finde ich es persönlich wesentlich interessanter den Blick auf die Systemkritik zu legen.

Was macht in dieser kapitalistischen Gesellschaft eigentlich den Unterschied aus zwischen dem Lohnarbeiter und dem, der arbeiten lässt, also den Einkommensquellen in unserer Gesellschaft.

Als Lohnarbeiter, sofern ich noch die Gnade habe dazu zu gehören, als sog. freier Lohnarbeiter werde nie erreichen , dass der Verkauf meiner Arbeitskraft mehr einbringt, als mich selbst und vielleicht auch noch meine Familie zu reproduzieren.

Ich bin da selbst noch nicht richtig im Thema, überblicke das nicht, ob die sog.Digitalisierung der Arbeitswelt eine weitere Verschärfung für die Lohnarbeit bringt, oder ob es sich um Marketingstrategien zur Anlockung von Investitionskapital handelt.

Egal! Absehbar für mich ist ganz klar, dass es jetzt z.B. auch in Frankreich ein Umschwenken auf ein feudal-kapitalistisches System gibt.

Für mich ist ein feudal-kapitalistisches System dadurch gekennzeichnet, dass der Mehrwert/ Profit nicht mehr aus dem Mehrwert der Arbeit gezogen werden kann, sondern aus dem Reproduktionsfond der Arbeitskraft durch extreme Erhöhung von Mieten, Nahrungsmitteln und Energie.

LG

Charlie hat gesagt…

@ Troptard: Systemkritik lässt sich nur schwerlich von der Kritik an den an diesem System Profitierenden trennen. Wer also Systemkritik übt, muss zwangsweise auch Personenkritik üben - und umgekehrt.

Ich gebe mir Mühe, in dieser Hinsicht eine gewisse Balance zu wahren ... manchmal sind meine Emotionen aber einfach stärker als der Intellekt. Ich denke, dass Du dies nachvollziehen kannst, da es Dir erkennbar genauso ergeht.

Liebe Grüße!