Mittwoch, 25. März 2015

Maut = Überwachung: Die schönen Pläne der neoliberalen Bande


Vor 15 Monaten konnte man auf den Internetseiten der SPD noch die folgende Ankündigung bestaunen:

Die CSU will allen Bürgern kräftig in die Tasche greifen. Zum Start ins neue Jahr preschen die Christsozialen mit Vollgas vor, um ihr Lieblingsprojekt Pkw-Maut durchzusetzen. Die SPD lehnt den Vorstoß von CSU-Chef Horst Seehofer ab und fordert: Kein Abkassieren aller Autofahrer – besonders der vielen Pendler mit geringem Einkommen.

Heute klingt dieses Bekenntnis allerdings so:

Der Weg für das umstrittene Pkw-Maut-Gesetz ist frei. Experten [sic!] von Union und SPD einigten sich in der Nacht auf Änderungen an dem Vorhaben, sodass das Gesetz am Freitag vom Bundestag beschlossen werden kann. Die SPD setzte dabei zudem durch, dass der Bundestag per Entschließungsantrag auch die Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen vorantreiben soll.

Soviel zur Glaubwürdigkeit der SPD und ihrem Front-Opportunisten und Schröderianer Sigmar Gabriel. Was bei der Berichterstattung über diese Farce aber wie gewohnt unter den Tisch fällt, ist die mit diesem Gesetz untrennbar verbundene Ausweitung der Überwachung, die nun dank SPD nicht mehr nur auf Autobahnen beschränkt bleiben, sondern auf alle Bundesstraßen ausgedehnt werden soll. Wenn die unsägliche Infrastruktur, die schon heute auf den Autobahnen dafür sorgt, dass keine Fahrt unentdeckt bleibt, künftig auch alle Bundesstraßen zieren sollte, sind wir dem von interessierter Seite herbeigesehnten "gläsernen Bürger" einen weiteren Schritt näher. In Kooperation mit den geplanten GPS-Systemen, die zukünftig in allen Pkw (angeblich zur "schnellen Hilfe bei Unfällen") verpflichtend installiert werden sollen, wird der Staat und werden natürlich auch die mit der Umsetzung beauftragten privaten Unternehmen exakt dokumentieren können, zu welcher Zeit sich ein Pkw an welchem Ort befunden hat.

So schöne Aussichten auf die "fürsorgliche Belagerung" durch die Obrigkeit hatten die BürgerInnen dieses Landes wahrlich schon recht lange nicht mehr.

Es ist nur eine Randnotiz, dass das unsägliche Maut-System in Kürze natürlich auch auf Bundesstraßen für Pkw gelten wird, wenn die entsprechende Infrastruktur einmal installiert ist. Da es heute schon absehbar ist, dass die nun beschlossene Gesetzesvariante, die "Deutsche" angeblich nichts kosten soll, mit "EU-Recht" unvereinbar ist, kann sich einjede/r selbst ausmalen, wie das Endergebnis aussehen wird: Diejenigen, die sich ein Kfz noch leisten können, werden künftig also ordentlich blechen müssen, um die eigene Totalüberwachung zu finanzieren. Ein typisches asoziales, bürgerfeindliches SPCDU-Projekt, das nach viel medialem Tamtam im Vorfeld nun beiläufig, schnell und im Schatten des Flugzeugabsturzes über die politische Schaubühne ins neoliberale, großkoalitionäre Körbchen getrieben wurde.

Der Weg zum humanimplementierten GPS-Chip als Voraussetzung für die deutsche Staatsbürgerschaft ist offensichtlich nicht mehr allzu weit - vermutlich werden "Ausländer", die immigrieren möchten, zuerst damit behelligt, bevor ...

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Unterwegs


"Emil, die Politik ist zum ---" — "--- Wem sagste das, Otto?!"

(Zeichnung von Henry [Henri] Bing [1888-1965], in "Simplicissimus", Heft 42 vom 12.01.1925)

7 Kommentare:

schadensmeldung hat gesagt…

Fahrradfahrer sowie Fußgänger eingeschlossen.
Die Lösung wären kleine Drohnen, die ständig über uns wachen, nicht in ferner Zukunft, vieleicht schon in den nächsten zehn Jahren. Mir grauste es schon, als ich las, dass implantierte Chips unter der Haut zur Überwachung kranker Menschen als medizinischen Fortschritt verkauft werden. Das kann durchaus auch so sein, aber, wo können wir dabei noch Grenzen erkennen?
Bei meinen Einkäufen stelle ich immer wieder fest, dass der Normalverbraucher über der Anzahl seiner Chipkarten keinerlei Überblick mehr besitzt, sich aber bereitwillig – wegen einem Bonus – überall registrieren lässt.
Gibt ja auch schon Datenbrillen, die unsere Augen ersetzen sollen.
Ferngesteuert in die Zukunft blicken –.

jakebaby hat gesagt…

Die Idee fuer das befohlene Ueberwachungsgeraet im Auto gabs zum Ende Blairs Amtszeit in England und stand kurz vor der Durchsetzung.
Erzwungener Kauf/Insallation(ca.200Pfund) sollte der Buerger uebernehmen, sowieauch die monatlich anfallenden Gebuehren, welche zb. u.A. ueber Kilometerverbrauch zumindest 3stellig ausfielen.

Das Geraet zeigte nicht nur wann man sich wo befand, sondern hatte auch einige Gadgets/Sensoren, um zB. Verkehrsvergehen wie Geschwindigkeit, rote Ampel direkt zu erfassen/melden.

Dagegen gab es damals eine so heftige Petition, dass Blair gezwungen war sich Live zu schalten, zu entschuldigen und den Scheiss abzuhaken.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
........
Na jetzt mach halt mal 'n Buergerbegehren, auch wenn deutsche/etc. Politiker&Co davon garnichts wissen (wollen) https://www.youtube.com/watch?v=DwlGg8je0Bk
Ihr werdet doch in Europa noch 1 Millioenchen Leutchen zusammenkrazn. Alleine die paar Englaender haben das damals locker gedoppelt. :-)

Gruss
Jake

Charlie hat gesagt…

@ frei-blog: Zum Thema "Zukunft" fällt mir in letzter Zeit immer wieder der beklemmende Satz aus George Orwells "1984" ein:

"Wenn Sie ein Bild von der Zukunft haben wollen, so stellen Sie sich einen Stiefel vor, der auf ein Gesicht tritt. Unaufhörlich."

("If you want a picture of the future, imagine a boot stamping on a human face — for ever.")

altautonomer hat gesagt…

Die Firma Polar hat die Brustgurte für Pulsmessgeräte so konstruiert, dass Sporttreibende die Batterie nicht selbst wechseln könne. Der Brustgurt muss zum Wechsel der handelsüblichen Knopfzelle 2032 eingeschickt werden. Ein Gerücht besagte vor Jahren, dass der Brustgurt unter anderem einen auslesbaren Chip enthält, der der Fa. Polar zu Marketingzwecken dient (weitergabe von auffälligen Herzfrequenzen nebst Name der Kunden an Hersteller von Nahrungergänzungsmitteln, Blutdruckmessgeräten etc.).

Inzwischen gibt es nicht nur für Sportler einen Trend, der weit über das hinausgeht. Es sind die in den USA bereits auch bei Sportabstinenzlern beliebten multifunktionalen Fitnessarmbänder zur Selbstoptimierung und Erfassung biologisch-medizinischer Daten, die demnächst mit den Computern von Arztpraxen gekoppelt werden können.

http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/fitness-armbaender-von-samsung-garmin-und-jawbone-a-965687.html

Diese freiwillige Preisgabe höchst sensibler Daten ist nicht mehr nur bei facebook etc. ein bedenkliches Phänomen. Ich halte sie für weitaus gefährlicher in Bezug auf die Manipulierbarkeit von Menschen, als die staatlich gelenkte Zwangsüberwachung.

Marc Elsberg hat in seinem gesellschaftskritischen Thriller "ZERO - Sie wissen, was Du tust"
sowohl Immanuel Kants These von der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ der Unaufgeklärten als auch Orwells Kritik an Überwachungssystemen auf den Stand des 21. Jahrhunderts gebracht.



Kramladen hat gesagt…

Solche Kritiken werden vermutlich pauschal abgetan mit dem Hinweis, das sei von den Alu-Hüten. Interessant in diesem Zusammenhang auch vor 3-4 Wochen in England, wo einer sich auf der Autobahn befindenden Autofahrerin während der Fahrt qua "Fernbedienung" der Motor ausgeschaltet wurde. Wegen einer nicht bezahlten Rate.

Und natürlich wird auch wieder bei den üblichen Verdächtigen der Schampus fließen. Witzig ist ja, daß jetzt schon die - für meine Begriffe minimalen - zu erwartenden Einnahmen bezweifelt werden. Dafür wird aber garantiert wieder der ein oder andere gutdotierte Versorgungsjob für abgehalfterte Politiker abfallen.

.Wie toll das alles mit TollCollect geklappt hat und welche Schweinereien heutzutage ungestraft durchgehen, schildert die äußerst empfehlenswerte WDR-Doku Staatsgeheimnis Lkw-Maut - Wie Politik und Großkonzerne kungeln - vom 24.06.2013. Zu finden bei YT.

Charlie hat gesagt…

@ Altauto: Die "freiwillige" bzw. politisch und medial propagierte und damit massiv forcierte Aufgabe des Datenschutzes bzw. der Datensparsamkeit ist sicher ein gewichtiges Problem, das dummgehaltenen oder jungen, unerfahrenen Menschen nur schwer zu erklären ist.

Deshalb gibt es Blogs wie dieses, denn es sind nicht wir alten Säcke, sondern die Jungen, welche die neoliberale Katastrophe am Ende bis aufs bittere Blut ausbaden müssen.

Ich denke indes nicht, dass Kant oder Orwell irgendeiner Aktualisierung bedürfen. Die Empfehlung gilt nach wie vor: Lies "1984", und Du weißt, in welchem perversen Horrorfilm Du dich befindest. Es hat sich nichts verändert, eine Aktualisierung ist - leider - vollkommen unnötig. Daran ändern auch literarische Werke nichts, die denselben Irrsinn thematisieren - neben Elsberg könnte ich da gleich eine ganze Riege von Beispielen anführen, die allesamt lesenswert sind, aber dennoch nichts Neues zum Thema beizusteuern haben. Allein die Science-Fiction-Literatur ist prall gefüllt mit vergleichbaren Dystopien - von den 50er Jahren bis heute,

Es sollte uns zu denken geben, dass Zukunftsvisionen in der Regel - sogar im Mainstream - keine paradiesischen Zustände zeichnen, sondern fast immer in gruseligen Horrorwelten enden.

Warum bloß?

Charlie hat gesagt…

@ Kramladen: Du darfst solche Dokus auch gerne hier verlinken.